Diskrete Push-Nachricht von der Windel auf das Handy

Dass ein Feuchtigkeitssensor in der Windel eine Nachricht an ein Smartphone schickt, ist noch Zukunftsmusik.
Dass ein Feuchtigkeitssensor in der Windel eine Nachricht an ein Smartphone schickt, ist noch Zukunftsmusik.(c) JKU
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Gedruckte Papiersensoren sollen „mitdenkende“ Windeln und Verbände ermöglichen. Das Hauptziel dieser günstigen Sensoren ist aber intelligentes Holz, das Klebeverbindungen überwacht. Das Forschungsprojekt für diese Ansätze ist nun für den Houskapreis 2017 nominiert.

„Nachricht von Leons Windel: Bin voll. Bitte tausche mich!“ So könnte es künftig auf elterlichen Smartphones angezeigt werden, sobald der Nachwuchs gewickelt gehört. Lästige Schnüffelaktionen über dem Kaffeehaustisch würden durch diskrete, digitale Hinweise ersetzt. Die Technologie dazu wurde unter der Leitung von Reinhard Schwödiauer von der Abteilung „Physik der Weichen Materie“ an der Uni Linz entscheidend weiterentwickelt. Wenn auch nicht in erster Linie, um sie für einen derartigen Zweck einzusetzen.

Zu Schwödiauer und seinem Team gehören auch Mitarbeiter des Kompetenzzentrums Holz und von SCIO Technologies, einer Spezialfirma für gedruckte Elektronik. Gemeinsam hat man es geschafft, Impedanzsensoren aus Papier zu entwickeln. Aus Kunststoff und anderen Materialien gibt es sie schon lange. Die Papiersensoren sollen dazu dienen, den Trocknungs- und Aushärtungsprozess von Klebverbindungen aus lösungsmittelbasierten Holzklebstoffen zu überwachen. „Dazu ist es notwendig, dass der Impedanzsensor vom Klebstoff durchdrungen werden kann, sodass das Lösungsmittel – bei Holzklebstoffen ist das häufig Wasser – leicht über Sensor und Holz aus der Klebeverbindung entweicht“, so Schwödiauer. Ein Plastiksensor würde dieses Entweichen behindern und deshalb verfälschte Daten liefern.

Sieht aus wie schwarze Tinte

Die Forscher haben einen Weg gefunden, die circa 0,2 Millimeter dünnen Elektroden des Sensors im Siebdruckverfahren auf Papier zu bringen. Dazu verwenden sie eine Mischung aus Kunststoff und Silber oder schlicht: Ruß. „Das ist hochreiner Kohlenstoff, der zu einer druckfähigen Paste verarbeitet und auf das Papier gedruckt wird. Das schaut aus wie schwarze Tinte, ist aber leitfähig.“

Die „praktisch kostenlosen“ Papiersensoren sind dazu gedacht, sie dauerhaft in Fugen zu verkleben, ohne diese zu schwächen. Das wenige Millimeter herausragende Ende wird durch zwei Kabel mit einer Messschaltung verbunden. Diese misst die Impedanz beziehungsweise den Wechselstromwiderstand des Sensors innerhalb der Verklebung. Schwödiauer vertieft: „Die Elektronik misst die Leitfähigkeit sowie die elektrische Auf- und Entladung im Bereich der Elektroden mit vielen Frequenzen und über einen beliebigen Zeitraum. Aus dem zeitlichen Verlauf lässt sich direkt sagen, wie weit der Kleber ausgehärtet und ob die Verklebung schon belastbar ist.“ Die Messergebnisse landen per Bluetooth auf einem Mobiltelefon. Die neue Technologie kann die Produktion von Holzelementen überwachen und die Entwicklung neuer Kleber, Anstriche, Beschichtungen oder Verbundwerkstoffe erleichtern. Schwödiauer und sein Team suchen nun nach Interessenten, zum Beispiel aus der holzverarbeitenden Industrie.

Denn die Papiersensoren wurden nicht fürs Labor entwickelt. „Der wesentliche Punkt ist, dass die Sensoren erstaunlich stabil sind und selbst 20 bar Druck und Temperaturen bis 200 Grad Celsius überstehen. Damit können sie direkt bei der Produktion von holzverklebten Produkten wie Holzleimplatten eingesetzt werden.“

Wunde direkt kontrollieren

Denkbar ist auch die Verwendung im medizinischen Bereich. Der Feuchtegehalt einer nässenden oder blutenden Wunde ließe sich vom integrierten Papiersensor erkennen, ohne den Verband immer wieder zu Kontrollzwecken öffnen zu müssen.

„Unsere Idee ist auch, dass wir die Alterung einer Verklebung über lange Zeit beobachten und unter Umständen auch beurteilen können“, sagt Schödiauer. Sehr bald schon weiß das Forscherteam, ob es zu den Gewinnern des diesjährigen Houskapreises gehört. Der nach eigenen Angaben größte private Preis für wirtschaftsnahe Forschung in Österreich wird am 4. Mai in Wien vergeben. Leon muss auf seine intelligente Windel wohl noch etwas länger warten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2017)

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