Kern appelliert an die ÖVP: "Die Hand ist ausgestreckt"

Die Presse (c) Clemens Fabry
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Sein Angebot der "Reformpartnerschaft" sei "natürlich ernst gemeint", sagt der Kanzler. Außenminister Kurz "mag" er "persönlich, aber es geht darum, ob man mit ihm auch zusammenarbeiten kann". Mit Neuwahlen würden keine Probleme gelöst.

„Wir haben eine unterschriebene Vereinbarung, von der ich davon ausgegangen bin, dass sie eingehalten wird – jetzt mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass man von Seiten der ÖVP nicht daran denkt.“ Der Unmut über die Ansprache von Außenminister und ÖVP-Hoffnung Sebastian Kurz ist Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Samstag im Ö1-„Journal zu Gast“ noch anzuhören. Dennoch erneuerte er sein „Friedensangebot“, alias „Reformpartnerschaft“. „Unsere Hand bleibt ausgestreckt, wir wollen weiterarbeiten“, betonte der Regierungschef.

Dieses Angebot sei „ernst gemeint“, so Kern weiter – zuletzt hatten nicht nur Vertreter der Volkspartei, sondern auch diverse Medien Zweifel daran laut werden lassen. Nach dem schwarzen Bundesparteivorstand, der am Sonntag abgehalten wird und im Zuge derer der neue Parteiobmann bestimmt werden soll (Kurz hatte am Freitag angekündigt, den Posten nur dann annehmen zu wollen, wenn er in personellen und inhaltlichen Fragen weitgehend freie Hand bekommt), werde er, Kern, dem neuen ÖVP-Chef am Montag vorschlagen, sich zusammenzusetzen.

Die Frage, wie sein Verhältnis zu Kurz sei, beantwortete Kern folgendermaßen: Er „mag ihn persönlich“, meinte Kern, „aber es geht darum, ob man mit ihm auch zusammenarbeiten kann“. Zu einer etwaigen Koalition zwischen SPÖ und Freiheitlichen erklärte er, er wolle eine solche nicht ausschließen, sei aber „bekanntlich nicht der beste Freund der FPÖ“.

"Mit Neuwahlen spielt man nicht, mit Österreich spielt man nicht"

Allerdings räumte der Kanzler denn auch ein: Sollte die Umsetzung gemeinsamer Projekte nicht möglich sein, werde man sich gemeinsam mit der Volkspartei den Kopf über eine Auflösung des Nationalrates zerbrechen. Kern betonte aber, dass man dann auch den Koalitionsvertrag heranziehen werde und der sehe vor, dass man sich nicht gegenseitig überstimme. „Im Grunde dürfte die ÖVP dann auch keinen Auflösungsantrag für den Nationalrat einbringen“, meinte der SPÖ-Vorsitzende.

Furcht empfinde er vor einer Neuwahl jedenfalls nicht, hielt Kern fest: „Wir werden uns einer Wahl stellen, da können Sie sicher sein.“ Aber: Es gebe kein einziges Problem, dass durch einen vorzeitigen Urnengang gelöst würde. Davon würde vielleicht eine Person profitieren, viele Menschen aber nicht. Stattdessen sollten die Probleme gelöst werden. „Mit Neuwahlen spielt man nicht, mit Österreich spielt man nicht“, richtete Kern der ÖVP aus.

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Kern hält es trotz der jüngsten Entwicklungen „ganz sicher“ immer noch für möglich, dass die Koalition ihre Arbeit fortsetzen kann. Wenn die ÖVP und Kurz nur ihre eigenen Wahlchancen im Auge haben werde es zwar schwierig, aber wenn diese Verantwortung übernehmen, stehe die SPÖ zur Verfügung.

Das Angebot der ÖVP, bis zur Wahl noch gemeinsam Projekte abzuarbeiten, nimmt Kern dem bisherigen Koalitionspartner nicht ganz ab. Erst am Freitag habe er eine schriftliche Absage für ein wichtiges Projekt von der ÖVP bekommen. Wenn die ÖVP jetzt doch arbeiten wolle, wäre das aber gut.

Der Bundeskanzler bestätigte auch, dass er im Fall des Falles auch in der Opposition SPÖ-Vorsitzender bleiben würde. Er habe vor, zehn Jahre in der Politik zu bleiben und werde die Position übernehmen, die dann für ihn vorgesehen sei.

>>> Kern im "Journal zu Gast"

(Red./APA)

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