Terror, Flüchtlinge und Wirtschaft: Kern reist nach Ägypten

Kanzler Christian Kern
Kanzler Christian Kern(c) Clemens Fabry (Presse)
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Der Bundeskanzler trifft in Kairo Präsident Sisi und Regierungschef Ismail. In den Vereinigten Arabischen Emiraten wird er Gespräche mit Kronprinz Al Nayhan führen.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) besucht am Mittwoch und Donnerstag Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). In Kairo wird Kern Präsident Abdel Fattah al-Sisi und Regierungschef Sherif Ismail treffen, in Abu Dhabi Kronprinz Mohammad bin Zayed Al-Nahyan. Neben Themen wie Terror und den regionalen Konflikten samt Folgen wie der Flüchtlingsfrage werden Wirtschaftsfragen dominieren.

Der Ägypten-Besuch, bei dem Kern auch mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Aboul Gheit, zusammenkommen wird, erfolgt im Schatten islamistischen Terrors. Zu Ostern wurden bei Attentaten auf Christen Dutzende Menschen getötet. Am Palmsonntag waren in zwei koptischen Kirchen in Tanta und Alexandria Sprengsätze explodiert. Sie rissen 46 Menschen in den Tod. Drei Wochen später war dann Papst Franziskus im Land am Nil zu Gast. Der Besuch ging dank extremer Sicherheitsvorkehrungen ohne Zwischenfälle über die Bühne.

Sisi und der Kampf gegen die Muslimbruderschaft

Präsident Sisi hat aber auch mit ökonomischen Problemen zu kämpfen. Die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten hat dem Ex-General, der 2014 noch als politischer Heilsbringer gefeiert wurde, eine weitverbreitete Unzufriedenheit in der Bevölkerung beschert. Sisi war an die Staatsspitze gekommen, nachdem im Juli 2013 das Militär den von der Muslimbruderschaft gestützten Präsidenten Mohammed Mursi entmachtet hatte. Ein über Mursi verhängtes Todesurteil wurde im Vorjahr wieder aufgehoben. Auch die lebenslange Haftstrafe, die ihm stattdessen aufgebürdet wurde, soll nun neu verhandelt werden.

Der Islamist Mursi war nach dem Sturz des langjährigen Präsidenten Hosni Mubarak an sich der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens gewesen. Nach Mursis Absetzung sagte der heutige Staatschef Sisi der Muslimbruderschaft den Kampf an. Hunderte ihrer Anhänger wurden seither getötet und Zehntausende inhaftiert. Nach den Oster-Attentaten auf die koptischen Christen, zu denen sich die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannte, wurde die Gangart verschärft und für vorerst drei Monate der Ausnahmezustand verhängt.

"Region zu stabilisieren"

Das Thema Terrorismus wird bei den Treffen mit Sisi und Ismail ebenso zur Sprache kommen wie die aktuellen Migrations- und Flüchtlingsbewegungen. Kern war mit Sisi bereits im vergangenen September beim UNO-Flüchtlingsgipfel in New York zusammengekommen. Damals forderte der SPÖ-Politiker EU-Flüchtlingsabkommen mit Ägypten nach dem Vorbild des Deals mit der Türkei, weil Europa ein Interesse haben müsse, "die Region zu stabilisieren". Ägyptens Außenminister Sameh Shoukry hatte sich daraufhin gegenüber einem Flüchtlingsdeal mit der EU prinzipiell offen gezeigt.

Zudem soll es bei dem Besuch auch um die Wirtschaftsbeziehungen gehen, etwa im Energiesektor. Rund 600 österreichische Firmen sind in Ägypten aktiv. Die österreichischen Exporte in das nordostafrikanische Land sind zuletzt stark gestiegen, in den vergangenen beiden Jahren sogar um 20 Prozent. Für Kern sei es daher von großer Bedeutung, "direkt vor Ort die österreichischen Interessen zu vertreten und persönliche Beziehungen zu den wichtigsten Politikern in der Region zu etablieren", hieß es im Vorfeld aus dem Kanzleramt.

Größter Handelspartner für Österreich in Golfregion

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), wo Kern am Donnerstag unter anderem mit Kronprinz Mohammed bin Zayed Al-Nahyan konferieren wird, werden aller Voraussicht nach ebenfalls die Konflikte in der Region - in Syrien, Libyen und Jemen - und damit auch die Flüchtlingsfrage zur Sprache kommen.

Im Jemen-Konflikt engagieren sich die VAE in einer vom Nachbarland Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition, die vor allem mit Luftangriffen an der Seite der international anerkannten Regierung des sunnitischen Präsidenten Abd Rabbo Mansour Hadi gegen vom Iran unterstützte schiitische Houthi-Rebellen und andere Milizen kämpft. Diese halten dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh die Treue. Extremistengruppen wie Al-Kaida und der IS machen sich den Konflikt zunutze, um ihre Macht im Land auszubauen. Wegen des Konflikts herrscht im Jemen eine humanitäre Krise.

Vor allem aber stehen bei Kerns Besuch Wirtschaftsfragen im Mittelpunkt. Die VAE - eine Föderation von sieben Emiraten im Südosten der Arabischen Halbinsel in Südwestasien mit derzeit rund neun Millionen Einwohnern - sind der größte Handelspartner für Österreich in der Golfregion mit Exporten in der Höhe von 640 Millionen Euro im Jahr 2016. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den flächen- und einwohnerzahlmäßig gleich großen Staaten Österreich und VAE nimmt weiterhin zu. So stiegen die österreichischen Investitionen in den VAE um knapp 30 Prozent auf 4 Milliarden Euro, umgekehrt jene der AVE in Österreich um fünf Prozent auf 4,7 Milliarden Euro.

(APA)

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