Gastkommentar

Topgehälter: Was sind Manager wirklich wert?

Spitzenmanager verdienen ein Vielfaches des Durchschnittslohns. Sind diese Gehälter überzogen?

Manager in großen Konzernen erzielen Spitzenlöhne. Was ist die Leistung? Sind die Managerlöhne überrissen? Wie kommen solche Löhne zustande? Muss der Staat eingreifen?

Wenn ein Unternehmen scheitert, sind es Managementfehler. Manager mit Weitblick trimmen die Unternehmen auf Erfolgskurs. Viele Jobs entstehen, und die Eigentümer werden reich. An der Börse und an der Zahl der Arbeitslosen kann man täglich die Folgen des Managements ablesen.

Manager entscheiden über Investitionen, stellen Personal ein, setzen Ziele und Anreize und überwachen die Leistung. Sie müssen rasch entscheiden, wenn neue Konkurrenz auftaucht, die Erlöse fallen oder die Kosten entgleisen. Wissenschaftler haben beste Managementpraktiken definiert und erhoben, wie gut die Firmen sind. Nur etwa 18 Prozent der Betriebe erzielen eine Managementqualität von mehr als 75 Prozent, das heißt, sie wenden mehr als 75 Prozent der besten Praktiken an. Bei ganzen 27 Prozent der Firmen fällt die Managementleistung sogar unter 50 Prozent. Nur wenige zählen zu den Besten, Mittelmaß ist weit verbreitet, und eklatantes Versagen kommt öfter vor, als man denkt.

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Qualität steigt mit Wettbewerb

Die Managementqualität steigt mit der Wettbewerbsintensität. Exportfirmen und Multis stehen weltweit im Wettbewerb. Die Multis zählen zu den am besten geführten Unternehmen. Dagegen fällt die Managementqualität in den nationalen Firmen, vor allem in ärmeren Ländern wie Indien, China, Portugal oder Griechenland, sehr stark ab.

Dort, wo sich Tochterfirmen von Multis niederlassen, steigt auch die Managementqualität der heimischen Firmen. Durch Beobachtung und Personalwechsel können andere Firmen etwas von den besten Managementpraktiken lernen. Ein höherer Bildungsgrad der Belegschaft wirkt sich in der Region günstig aus. Eine starre Regulierung behindert viele Entscheidungen und verschlechtert das Management.

Die Managementleistung hängt stark von der Qualität des Aufsichtsrates und der Eigentümerstruktur ab. Im Vergleich zum Durchschnitt fällt das Management in Staatsbetrieben ab. Diese sind oft einem geringeren Wettbewerb ausgesetzt und unterliegen politischen Vorgaben. Familienbetriebe mit einem Familien-CEO fallen tendenziell ab. In der Unternehmensnachfolge kommt es vor, dass Familienangehörige geringere Fähigkeiten als unabhängige Kandidaten mitbringen. Die Beteiligung einer Private Equity Firma steigert die Managementqualität.

Gut geführte Unternehmen sind produktiver und profitabler, tätigen mehr Innovationen und wachsen schneller. Die besten zehn Prozent der Firmen mit dem besten Management haben eine um 1,75 Mal höhere Produktivität als die am schlechtesten geführten Firmen. Manchmal wird von außen Managementkompetenz zugeführt.

Wagniskapital ist Finanzierung und Managementberatung aus einer Hand. Beteiligt sich ein Wagnisfinanzier, dann wächst das Unternehmen schneller als andere. In den USA sind nur etwa drei Prozent der F&E-Investitionen mit Wagniskapital finanziert, diese Investitionen tragen jedoch etwa 14 Prozent zur industriellen Innovation bei.

Nicht relevant für KMUs

Der Erfolg hängt von Talent und Qualifikation, von Leistung und Einsatz, aber auch von Glück oder Pech ab. Was ist ein angemessener Lohn, und welche Leistungsanreize sollen Manager erhalten? Die Lohnfrage ist für die vielen KMUs nicht relevant. Die Unternehmer zahlen sich den Lohn selbst.

Große Konzerne haben dagegen viele Eigner. Die Leitung ist den Managern übertragen. Was diese an Lohn erhalten, kann nicht als Dividende an die Eigentümer fließen. Die Eigentümer organisieren sich im Aufsichtsrat, um über Lohn und Einstellung oder Entlassung der Manager zu entscheiden und Kontrolle auszuüben. Wenn der Aufsichtsrat nicht funktioniert, müssen die Eigentümer um ihre Rendite bangen.

Gute Manager sind eine knappe und gesuchte Ressource. Mit zunehmender Größe und Internationalisierung der Konzerne steigen die Komplexität und die Anforderungen an das Management und damit die Löhne. Spitzenmanager erzielen oft mehr als das 30-Fache des Durchschnittslohns, in manchen Ländern sogar mehr als das Hundertfache. Allerdings sind sie einem hohen Karriere- und Einkommensrisiko ausgesetzt.

Der größere Teil sind fixe Gehaltsbestandteile, doch Boni, Aktien und Optionen machen oft mehr als 40 Prozent des Gesamteinkommens aus. Sinn der variablen Löhne ist es, Leistungsanreize zu setzen und die Eigeninteressen der Manager auf den Unternehmenserfolg zu lenken.

Sind die Managerlöhne überrissen? Knappe Talente haben einen hohen Preis, wie bei den Stars in Sport, Kultur und Unterhaltung. Klar ist aber auch, dass Manager eine hohe Verhandlungsmacht haben, weil sie meist weit besser als die Aufsichtsräte über das Unternehmen Bescheid wissen. Überrissene Gehälter sind die Folge schwacher Aufsichtsräte. Den kleinen Eigentümern mangelt es oft an Kompetenz, Information und Einfluss.

Die Managerlöhne steigen, wenn die Aufsichtsräte zu groß werden und nicht unabhängig und professionell besetzt sind. Sind große Einzelinvestoren und institutionelle Anleger wie Investmentfonds vertreten, dann sinken die Managerlöhne. Sie haben die Kompetenz und die Ressourcen, sich Informationen zu beschaffen, Kontrolle auszuüben und sich gegenüber dem Management durchzusetzen. Die Löhne sinken, wenn scharfer Wettbewerb auf den Absatzmärkten herrscht. Sie sinken auch, wenn Firmenübernahmen leichter möglich sind, bei denen das Management häufig ausgewechselt wird.

Auftrag an Aufsichtsräte

Es liegt auch an den Aufsichtsräten, die variablen Gehaltsbestandteile so zu wählen, dass sie Leistung und nicht Glück belohnen. Einfache Boni und Optionen, deren Werte mit den Börsenkursen steigen, schaffen leistungsunabhängige Einkommen. Wenn die Niedrigzinspolitik die Börsen beflügelt, hat das nichts mit Managementleistung zu tun. Die Leistung wird erst erkennbar, wenn Gewinne und Aktienkurse stärker steigen als im Durchschnitt der Branche.

Die Spitzengehälter sind kein Problem, wenn sie im fairen Wettbewerb entstehen und für Leistung und Talent gezahlt werden. Es genügt, wenn die Manager ihre Steuern zahlen und mit den Topgehältern auch Topsteuerbeträge in die Staatskasse einzahlen. Der Staat muss nur aktiv werden, wenn überrissene Gehälter wegen Verhandlungsmacht, einseitiger Information und Übervorteilung entstehen.

Aber dann braucht es keine Steuern oder gar Lohneingriffe, sondern mehr Eigentumsschutz durch Transparenzvorschriften und eine stärkere Stellung der Aufsichtsräte. Das verhindert nicht nur anstößige Managergehälter, sondern verbessert auch das Vertrauen der Investoren und damit den Zugang der Unternehmen zu neuem Eigenkapital.

Mehr Informationen auf www.wpz-fgn.com

E-Mails an:debatte@diepresse.com

DER AUTOR



Christian Keuschnigg
(geb. 1959) promovierte 1987 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck in Betriebswirtschaftslehre. Keuschnigg ist heute Professor für Nationalökonomie an der Universität St. Gallen und leitet das Wirtschaftspolitische Zentrum in Wien. Von 2012 bis 2014 war er Direktor am Institut für Höhere Studien in Wien. [ Fabry ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2017)

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