Mindestsicherung: Wien verzichtet auf generelle Kürzungen

Michael Häupl, Maria Vassilakou, Sandra Frauenberger, Birgit Hebein
Michael Häupl, Maria Vassilakou, Sandra Frauenberger, Birgit Hebein APA/HANS KLAUS TECHT
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Im Zuge der Neuregelung wurden einige Bezugs-Kriterien geändert, Betroffene sollen zudem intensiver betreut werden. 2016 wurden 659,2 Millionen Euro ausbezahlt.

Rot-Grün hat am Dienstag das neue Wiener Mindestsicherungsmodell präsentiert. Anders als die jüngsten Modelle anderer Bundesländer sieht es keine generellen Kürzungen oder Deckelungen vor, enthält jedoch strengere Voraussetzungen - etwa für jüngere Bezieher. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalten sie nur mehr 75 oder 50 Prozent des Normalbetrags. Dies kann etwa damit zusammenhängen, dass ihre Eltern bereits Mindestsicherung beziehen oder sie keine Ausbildungs- oder Jobangebote in Anspruch nehmen. Damit wolle man die Arbeitsanreize verstärken, Dauerabhängigkeit solle vermieden werden, hieß es. 

Betroffene sollen aber auch intensiver betreut werden. So wird es etwa eine zentrale Anlaufstelle für Menschen unter 25 geben, wo sie vom AMS und dem Magistrat gemeinsam beraten werden. Gleichzeitig werden die Wiener Jugendunterstützung "Back to the Future" fortgeführt und Beschäftigungsmaßnahmen verstärkt, wurde versprochen. Außerdem gibt es künftig einen "Beschäftigungsbonus". Dabei werden bei Ergänzungsleistungen Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht mehr angerechnet - die bisher in den betroffenen Monaten oft zur Einstellung der Leistung führen. Außerdem werden Menschen, die eine gewisse Zeit berufstätig sind, mit einer Extrazahlung belohnt.

Teilweise werden Zuwendungen auch in Richtung Sachleistungen verlagert. So werden etwa die Sonderzahlungen für Dauerleistungsbezieher mit befristeter Arbeitsunfähigkeit gestrichen. Diese Zielgruppe erhält stattdessen Zugang zu Unterstützungsleistungen ("Case Management") der Wiener Gebietskrankenkasse. Auch die Möglichkeit einer direkten Überweisung ist künftig vorgesehen. Sprich: Miete oder Energiekosten werden von der Behörde unmittelbar beglichen. Auch ist in Zukunft bei Familien die Auszahlung auf zwei Konten möglich. Dies soll vor allem eine mögliche Benachteiligung von Frauen verhindern.

Bezieher der Wiener Mindestsicherung müssen auch bereit sein, an Integrationsmaßnahmen mitzuwirken. Sanktionen sollen generell zeitnaher und intensiver erfolgen. Die Daten zur Mindestsicherung sollen zudem noch transparenter und außerdem regelmäßig veröffentlicht werden - um einer "Mythenbildung" vorzubeugen, wie es hieß.

Häupl: "Armut bekämpfen statt Arme"

Die Wiener Mindestsicherung (WMS) wurde angesichts des Wegfalls der bundesweiten Regelung notwendig. Der nunmehrigen Einigung gingen monatelange Verhandlungen voraus. Es handle sich um kein "Sparpaket", wurde heute versichert. "Nicht die Armen, sondern die Armut wollen wir bekämpfen", beteuerte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der das neue Modell gemeinsam mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), Sozialstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) und der Grünen Sozialsprecherin Birgit Hebein präsentierte. Kritik an der Mindestsicherung käme oft von Leuten, die "bei einem Abendessen mehr Geld ausgeben als andere ein ganzes Monat zur Verfügung haben". Die Schuld am Scheitern der bundesweiten Regelung liegt laut Häupl jedenfalls eindeutig bei der ÖVP. Diese hätte die Mindestsicherung "bewusst zerstört". 

Vassilakou lobte die nunmehrige Regelung als maßgeschneidertes System, das die Motivation schaffe, das System der Mindestsicherung rasch wieder zu verlassen. Wien gehe den Weg der Kürzung nicht mit: "Unsere Stadt lässt niemanden im Stich."

2016 wurden 659,2 Millionen Euro ausbezahlt

In Wien wurden im Vorjahr insgesamt 659,2 Millionen Euro ausbezahlt, wie Frauenberger berichtete. Insgesamt bezogen 194.875 Menschen Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS). Nicht ganz die Hälfte davon waren nicht-österreichische Staatsbürger, rund 44.000 davon wiederum Asylberechtigte. Für 2017 zeigen aktuelle Monatszahlen einen weiteren Anstieg.

Ob man heuer erneut eine Nachdotierung zum Voranschlag braucht, ist laut Frauenberger aber noch offen. Angaben darüber wären zumindest derzeit noch "reine Spekulation", versicherte sie. Lediglich knapp 10 Prozent sind in Wien Vollbezieher, der Großteil bezieht Ergänzungsleistungen zu anderen Einkünften. Alleinstehende erhielten jedenfalls 837,76 Euro pro Person, Paare insgesamt 1.256,64 Euro.

(c) APA

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