Turbinen als „schiere Kraftpakete“

Die Luftfahrt hat es Lukas Andracher angetan – und hier vor allem die Brennkammern der Strahltriebwerke, das Herzstück der Antriebstechnik. [
Die Luftfahrt hat es Lukas Andracher angetan – und hier vor allem die Brennkammern der Strahltriebwerke, das Herzstück der Antriebstechnik. [ (c) Helmut Lunghammer (HELMUT LUNGHAMMER)
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Mit einer neuen Sensortechnik wollen Lukas Andracher und seine Forschungspartner sichere und schnellere Messwerte aus Brennkammern liefern.

In seinem privaten Umfeld hat sich Lukas Andracher als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Schwanberg in der Weststeiermark der Verhinderung von Bränden (und anderen Katastrophenfällen) verschrieben; im beruflich-wissenschaftlichen Bereich geht es um Turbinen – genauer: um die Brennkammern von Strahltriebwerken. „Im Speziellen haben es mir Luftfahrtantriebe angetan“, sagt Andracher. Die Strahltriebwerke verleihen dem Luftfahrzeug als „schiere Kraftpakete“ erst den erforderlichen Schub zur Fortbewegung.

Jetzt liegt mit einem speziellen Brennkammersensor eine Entwicklung vor, an der Andracher maßgeblich mitgewirkt hat und die bereits als Patent angemeldet wurde. „Neben einer Reduktion von Emissionen und Brennstoff wird auch eine zustandsbasierte, statt wie bisher üblich periodisch durchgeführte Wartung ermöglicht“, so der Jungforscher.

Erster Erfolg auf einer US-Konferenz

Lukas Andracher ist gerade erst aus den USA zurückgekehrt. Bei der wissenschaftlichen Konferenz der ASME Turbo Expo in North Carolina vom 26. bis 30. Juni konnte er den berührungslosen Sensor, der Verbrennungen in Turbinen überwacht, präsentieren. Wobei schon die Einladung zur Vorstellung des Forschungskonzepts und des aktuellen Entwicklungsstands als erster großer Erfolg gewertet wird. „Es haben sich viele neue Kontakte ergeben, und wir sind mit dem wichtigen Feedback wieder nach Österreich gekommen, dass unsere Entwicklung richtig und wichtig ist.“

Motoren und da vor allem jene von Flugzeugen haben es dem heute 30-jährigen Steirer seit seiner Matura an der HTBLA Kaindorf (Bezirk Leibnitz) angetan. Präsenzdienst am Fliegerhorst Zeltweg, dann das Studium am Institut Luftfahrt/Aviation an der FH Joanneum. Nach einer ersten beruflichen Tätigkeit in der Automotive-Sparte wurde er wieder an seine FH zurückgeholt und kam bald in Kontakt mit dem Grazer Jungunternehmen Combustion Bay One (CBOne). Nach ersten Forschungstätigkeiten startete Ende 2015 das von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützte Projekt Emotion (Engine Health Monitoring and Refined Combustion Control Based on Optical Diagnostic Techniques Embedded in the Combustor).

Bei CBOne trifft Andracher auf Fabrice Giuliani, CEO des Unternehmens, mit dem ihn seither eine wissenschaftliche Partnerschaft verbindet. Die nun entwickelte neuartige Sensortechnologie besteht aus einem miniaturisierten Sondenkopf, der durch die Kühlöffnungen des Flammenrohrs einen optischen Zugang zur Brennkammer einer Gasturbine hat. Andracher: „Der Sensor liefert zwei Arten von Informationen: ein Signal zur Information des Lichts und ein Signal über den Lärm der Flamme.“ Die Korrelation beider Signale erlaubt eine präzise Beschreibung des Verbrennungszustandes bzw. der Qualität der Verbrennung. Dadurch wird eine präzise Steuerung der Verbrennung und damit des gesamten Triebwerks möglich. Für das Forscherteam erfolgt damit auch ein positiver Beitrag zum Thema Betriebssicherheit: Ein kritischer Zustand des Triebwerks wie etwa die Verstopfung einer Treibstoffdüse oder ein Riss im Flammrohr des Brenners kann sofort erkannt werden.

Erprobung auf stationären Turbinen

Die FFG hat im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms Take-off ein Folgeprojekt von Emotion genehmigt, die weitere Entwicklung durch CBOne und das FH-Institut Luftfahrt/Aviation ist gesichert. „Wir erwarten eine Industrialisierung unserer Sonde in den kommenden fünf bis zehn Jahren auf stationären Gasturbinen, noch früher auf industriell genutzten Brennkesseln“, sagt Andracher.

Das Fernziel bleibt die Luftfahrt. In den nächsten 20 Jahren, so die Prognose, soll die in Graz entwickelte Technologie zum Standard auf fliegenden Triebwerken werden. Im FFG-Folgeprojekt soll das TRL (Technology Readiness Level, ein Maß für die Reife einer Technologie in der Luft- und Raumfahrt) nochmals deutlich gesteigert werden.

ZUR PERSON

Lukas Andracher (32) hat das Studium Luftfahrzeugtechnik an der FH Joanneum sowie ein Auslandssemester an der University of Bath (GB) absolviert. Die Turbinentechnik ist sein Forschungsgebiet, zu den privaten Hobbys zählt die Musik (Klavier), für 2018 peilt er die Ironman-Teilnahme an.

Das Team: Das Grazer Unternehmen Combustion Bay One (CBOne) und die FH Joanneum bilden eine Forschungspartnerschaft. CBOne-Chef Fabrice Giuliani lehrt an der Uni Graz und der FH Joanneum.

Alle Beiträge unter:diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2017)

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