Salzburger Finanzskandal-Prozess: Emotionen und eine Entschuldigung

Richterin Anna-Sophia Geisselhofer
Richterin Anna-Sophia GeisselhoferAPA (BARBARA GINDL)
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Im Prozess um den Salzburger Finanzskandal "Swap-Deal zwischen Stadt und Land" gegen Bürgermeister Schaden, Ex-LHStv. Raus, Ex-Budgetreferatsleiterin Rathgeber und vier weitere Angeklagte wird heute das Urteil erwartet.

Die Schlussworte der sieben Angeklagten im dritten Salzburger Finanzskandal-Prozess heute, Freitag, am Tag der Urteilsfindung sind am Landesgericht Salzburg teils emotional und mit Tränen in den Augen erfolgt. Bürgermeister Heinz Schaden und LHStv. Othmar Raus (beide SPÖ) betonten, dass sie die Swap-Übernahme weder politisch vereinbart hätten, noch absichtlich einen Schaden verursachen wollten.

Das Schlussplädoyer von Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat einige Angeklagte erschüttert. Adamovic forderte für Schaden, Raus und den jetzigen Finanzdirektor der Stadt unbedingte Haftstrafen wegen der Übertragung von sechs negativ bewerteten Swaps von der Stadt an das Land am 11. September 2007 mit einem Schaden von rund fünf Millionen Euro zulasten des Landes, weil von der Stadt keine entgeltliche Gegenleistung erfolgt sei.

 (v.l.)Hofrat Eduard Paulus, Ex-LHStv. Othmar Raus (SPÖ) und Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ)
(v.l.)Hofrat Eduard Paulus, Ex-LHStv. Othmar Raus (SPÖ) und Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ)APA (BARBARA GINDL)

Die Anspannung der Angeklagten, wie der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Anna-Sophia Geisselhofer in dem Untreue-Verfahren entscheidet, war in dem kleinen Gerichtssaal des Ersatzquartiers des Landesgerichtes offensichtlich. Heinz Schaden verwies auf seine 25-jährige Amtstätigkeit als Vizebürgermeister und später Bürgermeister der Stadt Salzburg, in der er versucht habe, die Interessen der Stadt korrekt und verantwortungsvoll zu vertreten. Ihm sei in all diesen Jahren nie der Vorwurf gemacht worden, dass er strafrechtliche Handlungen gesetzt habe. "Die Anklage hat mich getroffen und mitgenommen." Er bat um Verständnis, dass er im Laufe des Prozesses nicht immer alle Fragen beantwortet hatte.

Schaden: "Kein krimineller Vorsatz dahinter"

Der Bürgermeister schilderte nochmals, dass er mit Zinstauschgeschäften keine Freude hatte und er schließlich gegenüber der städtischen Finanzabteilung den Wunsch äußerte, aus diesen Geschäften auszusteigen. "Ich war froh, dass man von Seiten des Landes bereit war, diese zu übernehmen." Das sei auch der Inhalt des Gesprächs mit Raus gewesen. "Das war kein Geheimnis oder keine Verschwörung. Das war keine Raus-Schaden Vereinbarung", betonte der Stadtchef.

Damals habe er nicht daran gedacht, dass das Land oder die Stadt geschädigt werde, da sei kein krimineller Vorsatz dahinter gestanden, sagte Schaden. Es sei der Wunsch da gewesen, ein Problem zu lösen, und er sei auch davon ausgegangen, dass die Übertragung der Derivate von Nutzen wäre, sonst hätte das Land "niemals zugestimmt". In der Folge habe er, Schaden, die Übertragung unterschrieben. "Das ist meine Geschichte." Zum Schluss appellierte er noch an das Gericht, es solle die Handlungen eines Politikers beurteilen, der versucht habe, "auch als Mensch ein ordentliches und sauberes Leben zu führen."

Raus wusste keine Details

Sehr emotional fielen die Schlussworte von Ex-LHStv. Othmar Raus aus. Wegen seiner inneren Aufregung sei er nicht in der Lage frei zu reden, sagte er sichtlich betroffen und las sein Statement vor. Er und die anderen Angeklagten im Saal seien alle Menschen mit Stärken und Schwächen, aber "sicher nicht Gauner und Verbrecher", erklärte er und blickte dabei zum Staatsanwalt. Hätte man ihn, Raus, konkret mit dem Thema Derivate-Übertragung befasst, "dann säßen wir jetzt nicht hier". Dann hätte er sich um rechtskonforme Lösungen bemüht, wie er das jahrzehntelang so gehandhabt habe. Dann hätte nicht der falsche Weg der Finanzabteilung zu dem Prozess geführt, meinte Raus. Über Details und Inhalte der Derivate habe er nie etwas gewusst.

Raus ließ seinem Ärger über den Staatsanwalt freien Lauf. Dieser habe ungerechtfertigte Schlussfolgerungen gezogen, der Vorwurf, es habe eine mündliche und politische Vereinbarung zwischen ihm und Schaden gegeben, sei eine "perfide" und "infame" Unterstellung. Das sei immer nur eine Vermutung von dritter Seite gewesen, wer immer sich auch daran beteiligt habe.

Kritik gegen Staatsanwalt

Die Argumentationskette von Adamovic "hatte von Anfang an schwache Glieder und ist zerrissen worden", betonte Raus. "Sie hat dem Druck der Wahrheit nicht standgehalten. Wir gehen als Angeklagte ungefähr vier Jahre durch ein Fegefeuer. Druck, Unsicherheit, mediale Aufmerksamkeit, Unterstellungen und Kosten, all das hängt auf unseren Schultern." Er habe 48 Jahre lang "nach bestem Wissen und Gewissen fehlerfrei gearbeitet" und sei jetzt seit sieben Jahren schwer krank. Nach der Forderung von unbedingten Haftstrafen am Mittwoch sei er eingebrochen, schilderte Raus.

Monika  Rathgeber (rechts)
Monika Rathgeber (rechts)APA (BARBARA GINDL)

Vom Staatsanwalt habe er sich etwas mehr menschliches Gefühl erwartet, er sei von dessen Polemik enttäuscht, erklärte der Angeklagte. "Viele Vorwürfe schmerzen mich." Er habe das Land weder vorsätzlich noch absichtlich geschädigt. "Dieser Vorwurf ist denkunmöglich." Er habe aufgrund fehlender Berichte nicht über Details der Derivate-Übertragung gewusst, erst ab Verfahrensbeginn, erklärte Raus und ersuchte das Gericht um einen Freispruch.

Rathgeber entschuldigt sich

Die Ex-Budgetreferatsleiterin des Landes, Monika Rathgeber, die bereits zweimal seit Platzen des Finanzskandals 2012 in Nebenaspekten verurteilt worden war, entschuldigte sich vor dem Schöffensenat. Es tue ihr sehr leid, dass sie damals eine Weisung zur Swap-Übertragung befolgt habe.

Das sei ein Fehler gewesen, betonte die Angeklagte. Sie habe die Zinstauschgeschäfte nicht übernehmen wollen, es dann aber doch getan, was sie sehr bedaure. Sie habe einen größeren Schaden vom Land abwenden wollen, aber nicht gewusst, dass sie getäuscht worden sei, sagte Rathgeber.

Der damaliger Mitarbeiter im Büro von Rathgeber, der neben ihr auf der Anklagebank saß, erklärte, er habe in seinen fast 32 Dienstjahren nie irgendwen schädigen wollen. Im Jahr 2012 habe er noch vor Bekanntwerden des Finanzskandals seinen Vorgesetzten, den mitangeklagten Finanzabteilungsleiter des Landes, Hofrat Eduard Paulus, darauf hingewiesen, "da stimmt etwas nicht". Hätte er im Jahr 2007 gesehen, dass etwas nicht stimme, hätte er das ebenfalls aufgezeigt, sagte der Angeklagte.

"Ich kenne kein Tatmotiv und habe auch keines"

Hofrat Paulus wirkte gefasst, als er seine Schlussworte an das Gericht richtete. Er habe von der negativen Bewertung der Derivate nichts gewusst. Sonst hätte er eine schriftliche Bewertung verlangt und eine Lösung gefunden. Paulus zeigte sich versöhnlich, indem er die übrigen Beschuldigten in Schutz nahm: "Ich sehe nicht, dass meine Mitangeklagten einen Schaden verursachen wollten. Ich bin überzeugt, dass Rathgeber einen Schaden abwenden wollte."

Die Übertragung der Derivate sei ihm problemlos erschienen, sagte Paulus. Der Nennwert dieser sechs Swaps sei unter 20 Millionen Euro gelegen, Rathgeber habe ihm deshalb die Geschäfte nicht vorlegen müssen. Am Ende seiner Rede hielt Paulus fest: "Ich kenne kein Tatmotiv und habe auch keines." Es gebe auch keine Belege, die eine Untreuehandlung seinerseits nachweisen könnten. "Ich bitte um einen Freispruch."

Anklage ist unverständlich und nicht nachvollziehbar

Ebenfalls einen Freispruch erbaten der jetzige Finanzdirektor der Stadt Salzburg, der zum Übertragungszeitpunkt der Swaps Mitarbeiter in der städtischen Finanzabteilung war, und der jetzige Magistratsdirektor, der damals Mitarbeiter im Büro des Bürgermeisters war. Beide hielten es für unverständlich und nicht nachvollziehbar, dass sie, die loyal gegenüber ihren Vorgesetzten agiert hätten, hier auf der Anklagebank sitzen müssen.

Der Finanzdirektor sagte, er habe den Bürgermeister von der negativen Entwicklung des Portfolios informiert. "Wäre es richtig gewesen, das zu vertuschen?" Was denn dabei verwerflich sein solle, wenn er als loyaler Mitarbeiter den Finanzdirektor und Bürgermeister in Kenntnis setze. Falls er aufgrund dieser Tatsache verurteilt werde, dann könne er seinen Mitarbeitern nur raten, "sie sollen die Stifte fallen lassen, sonst sitzt ihr in zehn Jahren da".

"Kündigen sie sofort diesen Job"

Er empfinde die Vorwürfe des Staatsanwaltes wie ein Drehbuch, die Story sei gut erzählt und griffig, es seien aber nur Behauptungen aufgestellt worden, die "unrichtig und falsch" seien, empörte sich der Finanzdirektor. "Die Lücken wurden mit Interpretationen ergänzt. Das ist ungeheuerlich, was uns da zugemutet worden ist." Die Behauptung des Staatsanwaltes, er sei für sein Verhalten mit dem Posten des Finanzdirektors belohnt worden, bezeichnete der Angeklagte als "perfide", wenn man bedenke, dass sein Vorgänger an Krebs erkrankt sei und er ihn da durchgetragen habe. "Ich werde mir von niemanden einreden lassen, dass ich etwas Böses getan habe. Ich glaube an die Unabhängigkeit des Gerichtes."

In das selbe Horn stieß auch der Magistratsdirektor. Wenn man als Sekretär des Bürgermeisters Termine für ihn vereinbare, und nicht einmal daran teilnehme und nicht wisse, was vereinbart worden sei, "dann verurteilen sie mich", sagte der Angeklagte in Richtung Schöffensenat. Im Falle einer Verurteilung müsste er allen Mitarbeitern von Vorstandbüros, in privatwirtschaftlicher oder öffentlicher Verwaltung, raten, "kündigen sie sofort diesen Job". Der Magistratsdirektor sagte, er wisse nicht, was ihm vorgeworfen werde und ersuchte um einen Freispruch. Das Urteil wird am späten Nachmittag erwartet, Informationen des Gerichts zufolge ist nicht vor 18 Uhr mit der Verkündung zu rechnen.

(APA)

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