Del Potro wirft nach Thiem auch Federer aus US Open

Juan Martin Del Potro hat eine Sensation geschafft
Juan Martin Del Potro hat eine Sensation geschafftAFP (DON EMMERT)
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Das von vielen Tennisfans ersehnte, überhaupt erste, Duell Federer - Nadal bei den US Open wird es auch heuer nicht geben. Federer wurde von Thiem-Bezwinger Juan Martin Del Potro aus dem Bewerb geschossen.

Der "gentle giant" (sanfte Riese, Anm.) hat am Mittwoch kurz vor Mitternacht (Ortszeit) im ausverkauften Arthur Ashe Stadium zugeschlagen. Juan Martin Del Potro, der im Achtelfinale Dominic Thiem nach zwei abgewehrten Matchbällen sowie 0:2-Satzrückstand ausgeschaltet hatte, besiegte Turnierfavorit Roger Federer im US-Open-Viertelfinale nach 2:52 Stunden mit 7:5,3:6,7:6(8),6:4.

Damit hat der 28-jährige Argentinier das von vielen Tennisfans ersehnte, überhaupt erste, Duell Federer - Nadal bei den US Open verhindert. Nadal bleibt unabhängig vom Ausgang in Flushing Meadows vorerst Nummer eins der Welt. Del Potro, der im dritten Satz nicht weniger als vier Satzbälle Federers abwehrte, fordert am Freitag Nadal. Er steht zum vierten Mal in seiner Karriere im Semifinale eines Majors. Seinen bisher einzigen Grand-Slam-Titel hat er 2009 bei den US Open gewonnen - mit einem Fünfsatz-Finalsieg über Federer.

"Ich habe das beste Match des Turniers gespielt", freute sich Del Potro noch im größten Tennis-Stadion der Welt. "Ich habe alles gut gemacht, habe so gut serviert und meine Vorhand so hart geschlagen wie ich nur kann. Ich denke, ich habe verdient gewonnen", konstatierte Del Potro nach dem sechsten Sieg im 22. Aufeinandertreffen mit Federer. Alle sechs Siege hat er übrigens auf Hardcourt gefeiert.

Alles ist möglich

Nun scheint für Del Potro alles möglich. "Ich habe 2009 auch gegen ihn hier gespielt. Hoffentlich kann ich das Resultat wiederholen. Mit dem tollen Support hier kann alles passieren", bedankte sich der "Turm von Tandil" bei seinen vielen Fans mit Blick auf das Nadal-Match. Auf dem Weg ins Finale 2009 hatte Del Potro Nadal mit dreimal 6:2 geschlagen, ein derartiges Resultat scheint aber kaum wiederholbar zu sein.

"Ich denke nicht, dass ich schlecht gespielt habe. Aber im Tiebreak hätte ich besser spielen können", erklärte Federer, der im dritten Satz im Tiebreak nicht weniger als vier Satzbälle ausgelassen hat. Del Potro erarbeitete sich mit einem tollen Netzangriff den ersten Satzball zum 9:8 und verwertete diesen auch sogleich.

Das Match hatte schon gar nicht nach dem Geschmack Federers begonnen. Del Potro hielt von Beginn weg stark mit und zeigte keinerlei Anzeichen einer Verkühlung mehr. Zum 6:5 gelang dem Südamerikaner, der Federer 2009 im Finale von Flushing Meadows in fünf Sätzen niedergerungen hatte, das Satz entscheidende Break zum 7:5. Federer schlug zwar zurück, und ließ sich nach einem Break zum 3:1 seinerseits den Vorsprung nicht mehr nehmen.

Im dritten Durchgang gab Federer sein Service mit Doppelfehler zum 0:2 ab und wehrte dann einen weiteren Breakball zum 0:4 ab. Doch Federer schaffte das 4:4 nach 1:50 Stunden. Im Tiebreak führte er bereits 6:4, konnte aber weder die ersten beiden, noch die Satzbälle bei 7:6 und 8:7 nutzen. Als Federer im vierten Satz den Aufschlag zum 2:3 abgeben musste, ließ sich Del Potro das Match nicht mehr nehmen.

Federer verblüffte nach der Niederlage mit einer selten gehörten Ehrlichkeit. "Natürlich ist es schade, aber Juan Martin hat es mehr verdient", erklärte der Schweizer. "Für mich ist kein Platz im Semifinale und er wird eine bessere Chance haben, Rafa zu schlagen, um ehrlich zu sein." So wie er selbst derzeit spiele, sei nicht gut genug. "Nicht gut genug, um das Turnier zu gewinnen. Da ist es besser, ich bin draußen und jemand anders hat die Chance, es besser als ich zu machen." Der Traum vom dritten Major-Titel in seinem sensationellen Comeback-Jahr nach den Australian Open und Wimbledon ist damit ausgeträumt.

Eine etwas verlängerte Lehrstunde hatte zuvor Rafael Nadal dem aufstrebenden Teenager Andrej Rublew erteilt. Nach nur 96 Minuten erreichte der topgesetzte Spanier mit einem sicheren 6:1,6:2,6:2-Erfolg über den 19-jährigen Russen sein sechstes Semifinale bei den US Open bzw. sein insgesamt 26. auf Major-Ebene.

Der topgesetzte Spanier ließ von Beginn weg keinen Zweifel daran, wer der Chef auf dem Platz ist. Dementsprechend happy war der 15-fache Grand-Slam-Sieger der wohl auch selbst ein bisschen vom Viersatz-Sieg Del Potros überraschte war. Jedenfalls kommt es nun doch nicht zur späten US-Open-Premiere auf der größten Tennisbühne der Welt zwischen Federer und Nadal. Und vielleicht kommt es nun gar nicht mehr dazu, Federer ist 2018 zu diesem Zeitpunkt immerhin schon 37.

US-Damen-Quartett unter sich

Serena Williams hat am 1. September eine Tochter geboren und konnte in den Titelkampf bei den US Open nicht eingreifen. Und trotz ihrer Abwesenheit steht schon vor den Halbfinalspielen am Donnerstag (Nacht auf Freitag/ab 01.00 Uhr MESZ) fest, dass die Siegerin diesmal wieder aus den USA kommen wird. Denn in der Vorschlussrunde stehen nun tatsächlich erstmals seit 36 Jahren gleich vier US-Damen.

Auch die als Nummer 15 gesetzte Madison Keys setzte sich am Mittwochabend (Ortszeit) in New York im letzten Viertelfinale der Damen in New York gegen die estnische Qualifikantin Kaia Kanepi nach 69 Minuten mit 6:3,6:3 durch. Keys trifft nun auf ihre Landsfrau Coco Vandeweghe. Letztere hatte zuvor die topgesetzte Karolina Pliskova aus Tschechien mit 7:6(4),6:3 ausgeschaltet und damit das zweite Major-Halbfinale ihrer Karriere nach den Australian Open 2017 erreicht.

Vandeweghe besiegelte zudem die neuerliche Wachablöse in der Damen-Tennis-Weltrangliste. Vorjahresfinalistin Pliskova hätte erneut das Finale erreichen müssen, um Nummer eins zu bleiben. Nun übernimmt am Montag die spanische Wimbledonsiegerin Garbine Muguruza erstmals die Regentschaft - als 24. Spielerin überhaupt seit Einführung der WTA-Weltrangliste 1975.

Keys wiederum steht zum zweiten Mal in ihrer Karriere nach den Australian Open 2015 im Halbfinale eines Majors. Bei den US Open standen zuletzt im Jahr 1981 vier US-Damen in der Vorschlussrunde: Chris Evert, Martina Navratilova, Tracy Austin und Barbara Potter. Beim Blick auf alle vier Majors ist das zuletzt 1985 in Wimbledon passiert.

"Das bedeutet die Welt für mich. Hätte mir das jemand vor Wimbledon gesagt, hätte ich das nie geglaubt. Jetzt spielen morgen vier Amerikanerinnen, das ist toll", freute sich Keys im ausverkauften Arthur Ashe Stadium. Nach zwei Handgelenksverletzungen innerhalb von zehn Monaten ist Keys ein toller Turnaround einer vermurkst geglaubten Saison gelungen. "Ich bin nach Paris heimgeflogen und habe eine Operation gehabt", erinnerte sich Keys.

Nun wird nach zwei Jahren ohne US-Damen-Titel (Flavia Pennetta 2015, Angelique Kerber 2016) wieder eine Lokalmatadorin die Trophäe in die Luft recken und einen Siegerscheck in Höhe von 3,7 Mio. Dollar (3,10 Mio. Euro) kassieren. Im zweiten Halbfinale treffen die 37-jährige Venus Williams und Sloane Stephens aufeinander. Die 13 Jahre jüngere Stephens hat das bisher einzige Duell der beiden 2015 in der ersten French-Open-Runde gewonnen.

Doch Williams erlebt derzeit im Spätherbst ihrer Karriere einen sensationellen dritten Frühling. Sie stand in diesem Jahr bei den Australian Open (Niederlage gegen Schwester Serena) und in Wimbledon (gegen Garbine Muguruza) jeweils im Endspiel. Dank ihrer Erfolge kehrt sie erstmals seit Jänner 2011 sogar in die Top 5 zurück und könnte mit einem Titel sogar wieder Nummer zwei der Welt werden. "Ich lebe immer noch meinen Traum, das ist einfach toll", freute sich Williams schon über ihren Halbfinaleinzug.

Die 37-Jährige kann neun Jahre nach ihrem bisher letzten Grand-Slam-Titel 2008 in Wimbledon, nach fünf Wimbledon-Triumphen und zwei US-Open-Titel, nun ein achtes Mal bei einem Grand-Slam-Turnier zuschlagen und auch ihren insgesamt 50. Titel holen. Es wäre ein großartiger Höhepunkt für Williams, die vor 20 Jahren, als das Arthur Ashe Stadium eröffnet wurde, auch schon auf diesem Platz gespielt hatte. 1997 erreichte Venus Williams bei ihren ersten US Open auch gleich das Endspiel. Der Kreis könnte sich im größten Tennis-Stadion der Welt schließen. Und Jung-Mama Serena würde sich wohl genauso freuen, als würde sie selbst auf dem Platz stehen.

(APA)

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