Deutschland: Ehemaliger Minister Heiner Geißler ist tot

Politiker und Globalisierungskritiker Heiner Geißler
Politiker und Globalisierungskritiker Heiner Geißlerimago/Klaus W. Schmidt
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Geißler war langjähriger Generalsekretär der CDU, seine Ideen stießen nicht immer auf Gegenliebe der Parteien. Er verstarb nach schwerer Krankheit.

Eine Todesnachricht hat die deutschen Wahlkämpfer am heutigen Dienstag innehalten lassen. Der frühere CDU-Generalsekretär und Ex-Minister Heiner Geißler ist 87-jährig gestorben, teilte sein Sohn Dominik der Deutschen-Presse Agentur mit. Politiker zeigten sich erschüttert vom Ableben des politischen Querkopfs und Vordenkers und würdigten seine Lebensleistung.

"Er war ein Modernisierer und Brückenbauer", erklärte Unions-Fraktionschef Volker Kauder in Berlin. Geißler habe die Union "über Jahrzehnte geprägt wie nur wenige andere Politiker". Auch nach dem Ausscheiden aus den politischen Ämtern sei er ein wichtiger Wegweiser geblieben. Er habe gezeigt, wie der Glaube Richtschnur für die Politik sein könne. CDU-Generalsekretär Peter Tauber bezeichnete Geißler als einen "ganz Großen" der Partei von Kanzlerin Angela Merkel. "Er war ein sehr kluger und unbequemer Geist und hat so die CDU angetrieben, sich den Veränderungen in der Welt zu stellen. Das müssen wir heute wieder."

CDU-Vizechefin Ursula von der Leyen würdigte Geißler ebenfalls als "Vordenker und Modernisierer". Er habe in der Partei früh "dafür geworben, die Interessen von Frauen und Familien mit Leidenschaft zu vertreten". Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hob "soziale und ökologische Verantwortung, Menschlichkeit" als Schwerpunkte Geißlers hervor. "Ich bin tief erschüttert. Sein Vermächtnis bleibt."

Anerkennung für Geißler auch von links

Auch die SPD würdigte Geißler. "Er war für seine Partei und für viele Bürger unseres Landes eine prägende politische Gestalt der ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik. An der Auseinandersetzung mit seiner pointierten Sicht auf die Linke und die Sozialdemokratie ist die Diskussionskultur Deutschlands gewachsen", betonte Außenminister Sigmar Gabriel. Großer Dank gebühre Geißler für seine Tätigkeit als Schlichter in großen Tarifkonflikten.

Anerkennung zollte ihm auch die Linkspartei. Ex-Finanzminister Oskar Lafontaine bezeichnete den Verstorbenen als einen der "profiliertesten Politiker der deutschen Nachkriegszeit". "Wie kaum ein anderer kritisierte er die Fehlentwicklungen des globalen Kapitalismus. Er wird uns fehlen", sagte der Ex-SPD-Chef.

ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas sagte, Geißler sei "nie ein bequemer, aber immer ein innovativer" Politiker gewesen. Er sei "ein Parteireformer, ein Querkopf, aber ein großartiger Politiker" gewesen.

Geißlers politische Laufbahn hatte in Rheinland-Pfalz begonnen. Unter den Ministerpräsidenten Peter Altmeier und Helmut Kohl war er von 1967 bis 1977 Sozialminister des Landes, anschließend wurde er CDU-Generalsekretär. Kohl berief den promovierten Juristen 1982 zum Familienminister.

Schlichter für "Stuttgart 21"

Der Sozialexperte arbeitete an einem neuen Image der CDU als moderne Programmpartei und führte unter anderem ein Erziehungsgeld ein. 1989 kam es wegen Differenzen über den Kurs der Partei zum endgültigen Bruch mit dem Kanzler. Die von Geißler, Lothar Späth und Rita Süssmuth geplante Revolte auf dem Bremer Parteitag scheiterte. Seine letzte ganz große Mission hatte Geißler, als er 2010 im Alter von 80 Jahren den Konflikt um das Bahnprojekt "Stuttgart 21" schlichtete. Geißler engagierte sich zudem beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac.

Geißler war am 3. März 1930 in Oberndorf am Neckar als Sohn eines Oberregierungsrates zur Welt gekommen. Vor seiner politischen Karriere war der Vater von drei Söhnen vorübergehend Mitglied des Jesuitenordens. Nach Abschluss des Philosophie- und Jurastudiums arbeitet er Anfang der 1960er Jahre kurze Zeit als Amtsrichter in Stuttgart und im Ministerbüro des Arbeits- und Sozialministeriums.

(APA)

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