Apples iPhone X ist keine Zehn

Apples Face-ID, das Highlight des iPhone X.
Apples Face-ID, das Highlight des iPhone X.(c) REUTERS (Stephen Lam)
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Das iPhone X ist die „Zukunft des Smartphones“, kündigte Apple-Chef Tim Cook vergangene Woche an. Dabei ist es eigentlich mehr das Aufrücken zur Android-Konkurrenz.

Für viele war es das Top-Tech-Event des Jahres. Immerhin haben Medien die geneigten Kunden auch monatelang darauf vorbereitet. Zum zehnjährigen Jubiläum hat Apple dann auch versucht, ein Feuerwerk zu zünden. Bei der Präsentation der Apple Watch in der dritten Generation konnte Tim Cook das Feuer auch am Glühen halten. Mit dem iPhone 8 flammte die Euphorie im Publikum merklich ab. Es herrschte Verwirrung. Das iPhone 8 sollte doch das neue Super-Phone sein. Dabei war es nur ein technisch aufgemotztes iPhone 7. Also eigentlich ein 7S. Nicht mehr.

Aber auch ein Rekord für Apple: Noch nie hatte ein Gerät so eine Halbwertszeit. Denn nur wenige Minuten später wurde „die Zukunft des Smartphones“, das iPhone X präsentiert. Es hat keinen Home-Button, besteht beinah zur Gänze aus Display, bietet Gesichtserkennung, lässt sich kabellos laden.

Definitiv keine Zehn. Auf einer Skala von eins bis zehn bekommt Apple allerdings maximal acht Punkte. Verbesserte Technik, ja. Aber das iPhone X selbst bietet keine Innovationen, die originär von Apple stammen. Keine bahnbrechenden Entwicklungen, die diesen Aufmarsch rechtfertigen würden. Natürlich ist aber alles viel „großartiger“, „einzigartiger“ und „wundervoll“, wenn Apple es präsentiert. Die Führungsriege geizt nie mit Superlativen bei ihren Pressekonferenzen. Apples zwanghafter Versuch, die Anwesenden damit zu überzeugen, den Stein der Technik-Weisen gefunden zu haben, ermüdet.

Trotzdem wird sich Apple auch im Jubiläumsjahr nicht um sinkende Verkaufszahlen Sorgen machen müssen. Sogar ohne technische Innovationen wird sich das iPhone X ordentlich verkaufen. Das liegt aber nicht in erster Linie am Gerät oder der verbauten Technik, sondern daran, dass Apple ein nahezu perfektes Ökosystem bietet. Apple-User können sich sicher sein, dass Sicherheitsupdates ohne Verzögerungen ausgespielt werden. Besonders positiv: Die Daten zur Gesichtserkennung werden direkt am Handy gespeichert und nicht auf Servern im Nirgendwo. Und auch das Service passt. Apple bietet ein Gesamtpaket. Die Konkurrenz sollte sich ein Beispiel daran nehmen und nicht versuchen, den Stil der Pressekonferenzen zu kopieren.

Versagen ist nie die eigene Schuld.
Worin Apple wirklich unschlagbar ist: einen Fehlschlag wegzuargumentieren. Nie ist das Unternehmen schuld daran, oder gar die vorgestellte Technik. Als Craig Federeghi nämlich die Face-ID und ihre einfache sowie zuverlässige Bedienung präsentieren wollte, haperte es. Schrecksekunden bei Apple und sicherlich auch bei Federeghi. Beim zweiten Mal klappte es dann doch. Schuld war aber natürlich nicht die Face-ID, sondern Mitarbeiter, die im Vorfeld der Präsentation das Demogerät in der Hand hatten. Es sei sozusagen verwirrt gewesen, aufgrund der vielen Gesichter. Es habe also genau das getan, was es sollte.

Beim iPhone X kann nämlich nur ein Gesicht zum Entsperren und Zahlen und für den neuen iPhone-Hype – die Animojis – verwendet werden. Es ist davon auszugehen, dass die Face-ID vor allem für Letzteres, die animierten Emojis, die man mit eigenen Gesichtsausdrücken „füttern“ kann, zum Einsatz kommen wird. Die Animationen haben auch ihren Preis. Nicht nur, dass Apple das iPhone X für bis zu 1300 Euro verkaufen wird, es kommt auch erst im November. Bis dahin gibt es das ebenfalls neue iPhone 8 als „günstige“ Alternative um 700 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2017)

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