Italiens Fußball-Apokalypse

Gianluigi Buffon
Gianluigi BuffonAPA/AFP/MARCO BERTORELLO
  • Drucken

Erstmals seit 1958 verpasst die Squadra Azzurra eine Fußball-WM, Altstars wie Buffon treten aus dem Team zurück, Trainer werden entlassen, die Serie A infrage gestellt. Italien, zuletzt 2006 Weltmeister, steht ein Jahrzehnt später unter Schock.

Nach dem bitteren Scheitern in der WM-Qualifikation steht Italiens Fußball-Welt unter Schock. "Das ist die Apokalypse", kommentierte kurz nach dem 0:0 gegen Schweden im Playoff-Rückspiel die "Gazzetta dello Sport". Schon Sekunden nach dem WM-Aus flossen bei Torwartlegende Gianluigi Buffon die Tränen - wenig später verkündete der 39-Jährige seinen Rücktritt. "Ich verlasse mit Sicherheit eine Nationalmannschaft mit fitten Jungs, die von sich reden machen werden", sagte der Keeper im italienischen Fernsehen und gestand: Es sei schlimm, dass seine Karriere so ende.

Das erstmalige Verpassen einer Fußball-Weltmeisterschaft seit 60 Jahren hat die Nationalmannschaft bereits unmittelbar nach dem Abpfiff in Mailand tief getroffen. Trotz drückender Überlegenheit endete das Playoff-Rückspiel gegen Schweden 0:0 und besiegelte das Fehlen des viermaligen Titelträgers 2018 in Russland. Im Hinspiel in der Qualifikation hatte es in Stockholm ein 0:1 gegeben. 1958 war die letzte Weltmeisterschaft ohne Italien.

Nationalmannschaftstrainer Gian Piero Ventura entschied nach dem WM-Aus noch nicht über seine Zukunft. "Ich trete nicht zurück, weil ich noch nicht mit dem Präsidenten gesprochen habe. Es gibt zahlreiche Überlegungen", sagte er laut Nachrichtenagentur Ansa. "Ich fühle mich danach, mich bei den Italienern zu entschuldigen, für das Ergebnis, nicht für unsere Anstrengungen." Für einen Eklat sorgte zudem Daniele de Rossi, der seine Einwechslung verweigerte.

Und was geschieht jetzt?

Der untröstliche Buffon nannte das Fehlen bei der WM eine "Katastrophe". Es hätte für die Mannschaft und für das Land viel bedeutet. Auch im TV-Interview weinte er. Für seine langjährigen Teamkollegen Daniele De Rossi und Andrea Barzagli war es ebenfalls die letzte Partie im Trikot der Azzurri. "Ich glaube, das ist die größte Enttäuschung meines Lebens", sagte Barzagli. "Es ist ein schwarzer Moment für unseren Fußball, und ein tiefschwarzer für uns Spieler", kommentierte De Rossi. Nach dem Spiel habe eine Atmosphäre wie bei einem Begräbnis geherrscht. "Dabei ist niemand gestorben."

Bei den äußerst passiv agierenden Schweden brach dagegen Jubel aus, nachdem sie zum zwölften Mal das WM-Ticket gelöst hatten. Sie sind nach zuletzt zwei gescheiterten Versuchen erstmals seit 2006 wieder dabei. Vor elf Jahren waren die Skandinavier im Achtelfinale an Gastgeber Deutschland gescheitert. Schweden steht als 29. von 32 WM-Teilnehmern fest.

In hitziger Atmosphäre im legendären San Siro hatten die Gastgeber schnell die Initiative genommen und auf den frühen Führungstreffer gedrängt. Der Ex-Dortmunder Ciro Immobile war einer der Aktivposten, vergab jedoch seine besten Möglichkeiten (40. Minute/64.).

Während sich die Gäste immer mehr zurückzogen und überhaupt nichts mehr für die Offensive taten, scheiterten auch Giorgio Chiellini (58.) sowie Stephan El Shaarawy (87.) und ließen die Tifosi jeweils raunen. In der Schlussphase standen alle Italiener inklusive Buffon in der gegnerischen Hälfte und drängten auf das ersehnte Tor - erfolglos.

Italien hat bislang an 18 Weltmeisterschaften teilgenommen und - wie Deutschland - vier Mal den Titel geholt, zuletzt 2006. In der Qualifikation für Russland reichte es in der Gruppenphase hinter Spanien in den vergangenen Monaten nur zum zweiten Platz. Gegen die Iberer setzte es im September ein 0:3.

Die spanische Zeitung "AS" nannte die verpasste WM ein "Drama", die befürchtete Apokalypse sei bereits Wirklichkeit. Der bereits im Vorfeld der Partie kritisierte Chef des Fußballverbands, Carlo Tavecchio, wollte sich 48 Stunden Zeit nehmen, um Konsequenzen aus der verpassten Qualifikation zu verkünden. Dass es Ventura sein wird, der die Mannschaft bis zur Europameisterschaft 2020 wieder aufbaut, gilt als unwahrscheinlich.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Daniele de Rossi diskutiert mit dem Assistenten
Fußball

De Rossi verweigert Einwechslung: "Wir brauchen einen Sieg"

Daniele de Rossi forderte Teamchef Gian Piero Ventura auf, gegen Schweden lieber einen Stürmer zu bringen, um den nötigen Sieg zu holen.
Zlatan Ibrahimovic
Fußball

WM als Abschiedsgala? Spekulationen um Ibrahimovic-Comeback

Zlatan Ibrahimovic ist vor eineinhalb Jahren zurückgetreten und nach einem Kreuzbandriss noch rekonvaleszent, doch sein Berater heizte die Gerüchteküche an.
Torwart-Legende Giangluigi Buffon kann es nicht fassen
Fußball

Italien erstmals seit 1958 nicht bei WM

Die Fußball-WM 2018 in Russland geht ohne Italien über die Bühne. Torwart-Legende Giangluigi Buffon gibt unter Tränen seinen Rücktritt aus dem italienischen Fußball-Nationalteam bekannt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.