"Kennen nur Überschriften": Tiroler ÖVP kritisiert Koalitionsverhandler

Beate Palfrader
Beate PalfraderAPA/EXPA/JOHANN GRODER
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Bildungslandesrätin Palfrader beklagt die mangelnde Einbindung der Länder in die schwarz-blauen Verhandlungen. Tirols AK-Präsident Zangerl warnt davor, vor Machtansprüchen der FPÖ einzuknicken. Die Steuerungsgruppe berät heute über die Finanzen.

In der Tiroler ÖVP macht sich zusehends Unzufriedenheit mit den schwarz-blauen Koalitionsverhandlern im Bund breit. Bildungslandesrätin Beate Palfrader beklagte am Montag die mangelnde Einbindung der Länder beim Bildungsthema: "Nach wie vor kennen wir nur Überschriften. Dabei könnten wir unsere Erfahrungen einbringen." Freilich seien auch positive Ansätze dabei wie die Kindergärten-Pläne, der Ausbau der Ganztagsschulen und die Fokussierung auf die Grundtechniken. "Bedenklich" sei jedoch die Verpflichtung, zu den Noten zurückzukehren, und die damit verbundene Abkehr von der Wahlfreiheit und der Schulautonomie. "Wir haben in Tirol bereits 225 Klassen mit alternativer Leistungsbeurteilung", erläuterte Tirols Bildungslandesrätin. Dahinter stecke jahrelange Entwicklungsarbeit und Erfahrung. Zudem nehme die alternative Beurteilung viel Druck sowohl von den Kindern als auch von den Lehrern.

Hinterfragenswert seien auch die angedachten Sanktionen für Eltern bei Nichteinhaltung der Schulpflicht. "Mir ist nicht klar, wie man sich das vorstellt", so Palfrader: "Wir setzten stattdessen auf Beratung und Information. Das ist zielführender." Sie hoffe aber, dass auch hierbei gelte, "nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird". Palfrader wolle nun darauf drängen, dass sich auch die Länder einbringen können: "Wir haben jahrelange Erfahrungswerte." Ob es bei diesem Thema eine Bruchlinie innerhalb der ÖVP gebe, wollte sie nicht beurteilen. In Vorarlberg orte sie jedenfalls "ähnliche" Standpunkte wie in Tirol.

Zangerl warnt vor "Zentralismus pur"

Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl, der wie Palfrader aus dem ÖAAB kommt, zeigte sich in der "Tiroler Tageszeitung" über Pläne zur Zusammenlegung der Kassen empört: "Wir sind nicht gegen Reformen bei den Kassen, aber die sind in den Ländern zu führen." Was jedoch ÖVP und FPÖ planten sei "Zentralismus pur", so Zangerl: "Mit dieser Struktur und nur noch einer österreichischen Kasse statt den neun Gebietskrankenkassen hat Tirol überhaupt keinen Einfluss mehr. Es geht uns um Verantwortung für die Versicherten und unsere Mitglieder vor Ort." Im Westen formiere sich daher Widerstand. Tirol, Vorarlberg und Salzburg hätten ein Positionspapier verabschiedet.

Die ÖVP dürfe nicht vor den politischen Machtansprüchen der Freiheitlichen einknicken, betonte Zangerl: "Bei den demokratischen Wahlen in den Interessenvertretungen bzw. der Selbstverwaltung waren sie in der Vergangenheit kaum erfolgreich, jetzt versuchen die Blauen über die Zerschlagung der Selbstverwaltung Einfluss zu gewinnen".

Tiroler FPÖ-Chef kritisiert "unqualifizierte Zwischenrufe"

Anders sieht das Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger: "Zangerl und Palfrader sollen mit ihren unqualifizierten Zwischenrufen die Koalitionsgespräche nicht länger stören." Offenbar hätten die beiden in der "neuen ÖVP" nicht mehr jenen Stellenwert, den sie gerne hätten. Zangerl gehe es "alleine um seinen eigenen Futtertrog und um seinen eigenen Machterhalt", so Abwerzger. Palfrader sei ebenfalls eine "Proponentin der Tiroler ÖVP-Alt". Insbesondere im Bildungsbereich vertrete sie eine "Linie, die die Bundes-ÖVP nun klar ablehnt". Abwerzger ortete diesbezüglich aber auch in der Tiroler ÖVP Gespaltenheit.

Chefverhandler feilschen heute um Finanzen

Die schwarz-blaue Steuerungsgruppe rund um Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) tagt heute zum Thema Finanzen, also Budget und Steuerreform.  Dem Vernehmen nach könnte sich die Steuerungsgruppe am Montag auch noch mit anderen offenen Brocken beschäftigen, etwa in den Bereichen Gesundheit - Stichwort Krankenkassen - oder Justiz, wo es etwa um eine Verschärfung des Strafrechts gehen soll.

Vor die Medien treten wollten die Verhandler am Montag nicht, Stellungnahmen der Politiker dürfte es wohl erst zur Wochenmitte wieder geben. Die Steuerungsgruppe ist jedenfalls die ganze Woche im Einsatz, mitunter auch in kleineren Runden.

>> Bericht der "Tiroler Tageszeitung"

(APA/Red.)

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