Mit dem Flieger zur Vorlesung

(c) Clemens Fabry
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Der Weiterbildungsmarkt auf dem Finanzsektor erfreut sich weiterhin guter Nachfrage. Uni-Absolventen und Banker, Privatanleger, Börsenmakler und Investoren aus dem In- und Ausland nutzen das heimische Angebot.

Trotz des nicht von der Hand zu weisenden Imageschadens, den die Finanzbranche durch die Krise davongetragen hat, erfreuen sich einschlägige Ausbildungen oder Fortbildungen nach wie vor einer starken Nachfrage.

Das Angebot ist je nach den Bedürfnissen der Interessenten breit gefächert – angefangen von vertiefenden Lehrgängen, über Masterausbildungen bis hin zu den in der Branche hoch angesehenen Zusatzausbildungen CFA (Chartered Financial Analyst) oder CIIA (Chartered International Investment Analyst).

Privatanleger bilden sich

Die Wiener Börse bietet in Kooperation mit dem Wifi eine ganze Reihe von Seminaren und Lehrgängen an, die sich anhaltender Beliebtheit erfreuen. Dazu gehört unter anderem auch der Lehrgang „Börsehändler Kassamarkt“. „Dieser Lehrgang richtet sich in erster Linie an Bankmitarbeiter aus dem Bereich Wertpapierhandel und an Mitarbeiter von Vermögensverwaltern“, so der Vorstand der Wiener Börse, Heinrich Schaller. Aber auch immer mehr Privatanleger würden den Lehrgang besuchen. „Ihr Anteil liegt derzeit bei rund 20 Prozent, Tendenz steigend“, erklärt Schaller.

Nach positiver Absolvierung der Händlerprüfung ist man mit dem Lehrgang, der die offizielle Berufsausbildung zum Xetra-Händler sowie Market Maker an der Wiener Börse darstellt, für den Handel an der Wiener Börse qualifiziert.

Praxis für die Karriereplanung

In insgesamt 63 Trainingseinheiten werden Inhalte wie Börsenorganisation, Finanzmarktaufsicht, Handelsstrategien oder technische Analyse und Fundamentalanalyse abgehandelt. „Der Lehrgang ist auch für Uni-Absolventen, die im Wertpapierbereich arbeiten möchten, interessant, da an den Universitäten nur das Basiswissen zu Aktien, Anleihen, Börse etc. abgedeckt werden kann“, so Schaller. Hier kann man sein Wissen adäquat erweitern und erste Erfahrungen in der Praxis machen.

Wer eine Tätigkeit als Fondsmanager oder Analyst anstrebt, dem empfehlen Experten dringend, eine Zusatzausbildung wie den CFA- (Chartered Financial Analyst) oder CIIA-Lehrgang (Chartered International Investment Analyst) zu absolvieren. „Diese Ausbildungen sind mittlerweile ein fixer Bestandteil des Karriereplans in der Finanzbranche geworden. Gerade im Asset-Management oder Investment-Banking sind sie fast verpflichtend“, so Paul Severin, Aktienstratege der Erste Sparinvest (ESPA). Severin ist auch Präsident der Österreichischen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset-Management (OVFA), die einen Lehrgang für Finanzanalysten und Portfoliomanager anbietet.

Laufende Aktualisierungen

Laut Severin wird das Lehrprogramm laufend um aktuelle Themen ergänzt, wie etwa zuletzt im Derivatbereich um Credit Default Swaps (Kreditausfallversicherungen, Anmerkung). Nach erfolgreichem Abschluss des OVFA-Lehrgangs können die Absolventen das CEFA-Zertifikat beantragen. Bevor jedoch der begehrte CIIA-Titel auf die Visitenkarte gedruckt werden darf, muss noch das „Final Exam“ der Association of Certified International Investment Analysts (ACIIA) bestanden werden. Während beim CIIA der Lehrstoff über zwei Semester verteilt an insgesamt 43 Tagen abgehalten wird, ist man beim Selbststudium CFA ganz auf sich allein gestellt.

Wissenslücken füllen

Dem CEFA bzw. CFA und CIIA vorgelagert ist der Certified Portfolio Manager (CPM), der von der Österreichischen Bankwissenschaftlichen Gesellschaft (BWG) gemeinsam mit der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) angeboten wird. Der VÖIG-Lehrgang findet jedes Jahr an zwei Terminen statt – jeweils im Frühling und Herbst. Die Kosten: 8380 Euro.

„Viele unserer Absolventen machen im Anschluss noch die Ausbildung zum CFA oder CIIA“, so Kerstin Berberich, Leiterin des Studiengangs Bank- und Versicherungswirtschaft der FH Joanneum. Zu ihren Studenten zählt sie Berufstätige, die in Banken, Versicherungen bei Finanzdienstleistern oder in der Finanzabteilung eines Unternehmens tätig sind. „Vereinzelt studieren bei uns auch Akademiker, die über keine BWL-Erfahrung verfügen, oder solche, die zwar ein einschlägiges Studium absolviert haben, aber ihre Schwerpunkte in anderen Finanzbereichen gesetzt haben und diese Lücke jetzt füllen wollen.“

Starke Spezialisierung

Nach Angaben von Berberich wird der Studiengang von der Branche durchwegs sehr gut aufgenommen. Sie führt das unter anderem auf die verpflichtenden und außerdem sehr starken Spezialisierungen in der Bank- und Versicherungslehre zurück. Gut angenommen wird das Angebot auch von den Studenten: Laut Berberich hat die Nachfrage seit mittlerweile drei Jahren nicht nachgelassen und sich auf einem „hohen Niveau“ stabilisiert.

Die Stimmung steigt

Ähnliches berichtet auch Willibald Gföhler, Leiter des Zentrums für Finance der Donau-Universität Krems, das den berufsbegleitenden Masterlehrgang „MSc Finance“ anbietet. „Von einem krisenbedingten Einbruch kann keine Rede sein“, so Gföhler. Mittlerweile gehe es mit der Finanzbranche bekanntlich wieder bergauf. Laut Gföhler entspricht der „MSc Finance“ in etwa dem CFA oder CIIA. Die ausschließlich auf Englisch abgehaltene Ausbildung setzt sich aus insgesamt 20 Modulen zusammen. Dazu gehören unter anderem auch „Finanzstrategien“, „Optionen und Futures“, „Reporting nach IFRS und US-GAAP“ oder „Mergers & Acquisitions“.

Das Unterrichtsklima ist sehr international, wie Gföhler erklärt. „Mehr als die Hälfte der Studenten kommt nicht aus dem deutschsprachigen Raum“, so Gföhler. Viele der Teilnehmer würden aus mehreren europäischen Ländern zu den Lehrveranstaltungen sogar eigens herfliegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2010)

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