Huawei P20: An die Weltspitze auch ohne US-Markt

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Das P20, das P20 Pro und eine sündteure Porsche-Version des Mate 10 hat der chinesische Hersteller in Huawei in Paris am Dienstag vorgestellt. Der Weg zur Nummer eins am Mobilfunkmarkt scheint zum Greifen nahe, auch wenn der US-Markt verschlossen bleibt.

Auf dem Mobile World Congress in Barcelona hat der chinesische Hersteller Huawei seine Trümpfe noch im Ärmel behalten. Auf einem eigenen Event, ohne Nebendarsteller wie Samsung, Sony und Co. sollte die P20-Serie ganz alleine im Rampenlicht stehen. Die Nummer drei am Smartphone-Markt will mit der in Paris vorgestellten P20-Serie seine Position weiter ausbauen. Man hat sich zum Ziel gesetzt, Samsung und Apple auf den zweiten und dritten Platz zu verweisen. Aber dafür fehlt den Chinesen ein entscheidender Markt; die USA. Anders als am europäischen Markt, werden Geräte in den USA in Verbindung mit Verträgen gekauft. Der freie Handel ist fast nicht existent. Den offiziellen Behörden wie NSA, FBI und CIA ist Huawei aber schon lange ein Dorn im Auge. Die Amerikaner werfen dem Gründer Ren Zhengfei ein Naheverhältnis zur chinesischen Regierung vor. Seine Vergangenheit als Ingenieur beim chinesischen Militär wird ihm zur Last gelegt. Huawei versucht ständig die Gratwanderung zwischen chinesischer Tradition und westlicher Offenheit. Nicht immer will ihnen das auch gelingen.

Aus Angst vor politischer und wirtschaftlicher Spionage legte US-Präsident auf Anraten der Sicherheitsbehörden sogar ein Veto gegen die Übernahme des Chip-Herstellers Qualcomm durch Broadcom ein und der Deal platzte. Zu groß ist die Angst, dass wichtiges Know-How in die Hände der Chinesen fallen könnte, die eng mit Broadcom zusammenarbeiten.

Verbot von Huawei-Geräten ausgesprochen

Mittlerweile werden die US-Amerikaner sogar dazu aufgerufen, Geräte von Huawei und ZTE nicht mehr zu kaufen. Vor US-Pionier Motorola, der mittlerweile in Besitz vom chinesischen Hersteller Lenovo ist, wird nicht gewarnt.

Der große Erfolg der Chinesen in Europa ist alles andere als förderlich für die Verhandlungen zwischen Huawei und den USA. Der steile Aufstieg sorgt für Argwohn. Außerdem ist Huawei auch nicht an der Börse notiert. Für Chief Executive Officer Ken Hu hat das Misstrauen einen anderen Grund. "Manche Menschen, unsere Konkurrenz, nutzt politische Kontakte um uns aus dem US-Markt auszuschließen", erklärte er Ende Februar, "sie können sich mit uns technisch nicht messen und sind bei Innovationen unterlegen."

Unternehmen wie die Deutsche Telekom und der kanadische Mobilfunkanbieter Bell verbürgen sich regelmäßig in Interviews für den chinesischen Hersteller. Beide beziehen seit Jahren ihre Netzwerkausrüstung von Huawei. Auch auf dem P20-Event holte Huawei seine Partner vor den Vorhang und ließ sie die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit loben. Manchmal meinen es die Chinesen einfach auch zu gut. Bei der Präsentation konzentrierte man sich nicht auf die eigenen Leistungen in Entwicklung und Forschung, sondern verglich sich ständig mit den zwei führenden Konkurrenten.

US-Kunden bleiben Geräte vorenthalten

Trotz der ständigen kindischen Sticheleien eines Richard Yu, dem Smartphone-Chef von Huawei, präsentieren sich das P20 und das P20 Pro in einem sehr guten Licht. Da haben die US-Kunden Pech gehabt. Huawei zieht in Bezug auf Ausstattung und Preis deutlich an Apple und Samsung vorbei. Ohne wochenlangen Wartezeiten startet der Verkauf des P20 bereits heute. Das P20 Pro wird ab Mitte April im heimischen Handel verfügbar sein.

Bei den neuen Geräten liegt der Schwerpunkt - wie auch schon bei der Konkurrenz - auf Künstliche Intelligenz, Kamera und Formfaktor. Bei der Künstlichen Intelligenz setzt Huawei in seinem Achtkern-Prozessor auf eine Neural-Processing-Unit (NPU). Diese zusätzliche Recheneinheit soll dafür sorgen, dass die Kamera das Objekt erkennt und dementsprechend die optimale Einstellung wählt. "Die Huawei P20-Serie inspiriert und zündet eine Leidenschaft für Smartphone-Fotografie auf der ganzen Welt", ist sich Richard Yu, Huaweis Smartphone-Chef sicher. Ein 40-Megapixel RGB-Sensor, ein 20-Megapixel-Monochromsensor und ein 8-Megapixel-Sensor mit Teleobjektiv. Somit hat jede einzelne Kamera eine dezidierte Aufgabe. Daraus resultieren soll ohne weitere Einstellungen für den User das "perfekte Bild. Für das perfekte Selfie sollen ein 24-Megapixel-Sensor sowie ein KI-Verschönerungsmodus.

Zu viel des Spotts gegen Apple

Auch wenn Apple während der Präsentation ständig für Spott herhalten musste: Huawei hat jetzt am oberen Displayrand auch diesen "Notch". Diese Aussparung dient aber nicht für eine Gesichtserkennung, sondern für Sensoren (Helligkeit und Abstand) sowie für den Lautsprecher. Außerdem präsentierte Huawei kabellose Kopfhörer, die große Ähnlichkeit mit Apples AirPods haben.

Nichtsdestrotz hat Huawei mit dem P20 und dem P20 Pro - zumindest auf dem Papier und laut eigenen Aussagen - einen neuen Maßstab am Smartphone-Markt gesetzt. Den müssen andere Hersteller erst mal wieder einholen, aber dafür haben sie ja jetzt ein halbes Jahr Zeit. Das 5,8 Zoll große P20 kommt für 649 Euro auf den Markt. Die Pro-Variante mit Triple-Kamera und einem 4000-mAh-Akku soll 850 Euro kosten.

Zu guter Letzt präsentierte Richard Yu dann noch eine neue Version des Mate 10 Pro. Die nun dritte Kooperation mit Porsche bringt ein aufgebohrtes Mate, das über zwei Fingerprint-Sensoren verfügt. Einer davon im Display und der andere auf der Rückseite. Der Sound wurde mittels Videoeinblendung eindrucksvoll demonstriert. Ebenso eindrucksvoll ist der Preis des rot oder schwarz schimmernden Geräts. Je nach Speichervariante kostet es knapp 1700 oder 2100 Euro.

Disclaimer


Die Ermittlungen 2011 wegen Spionageverdachts gegen Huawei und ZTE wurden wieder eingestellt. Bei den untersuchten Geräten konnten keine Hinweise auf verdächtige Software oder Backdoors gefunden werden."Die Presse" ist auf Einladung von Huawei in Paris. Die Berichterstattung findet in redaktioneller Unabhängigkeit statt.

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