Budgetdebatte im Nationalrat: "Das ist 'Zeit für Neues', Sebastian Kurz? Ernsthaft?"

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Finanzminister Löger (ÖVP) verteidigte das Budget, FPÖ-Staatssekretär Fuchs kündigte weitere Erleichterungen für den Tourismus an. Die Kritik der Opposition unterdessen: Die gute Konjunktur verstreiche ungenutzt, ohne dass Reformen geplant seien.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hat zum Auftakt der dreitägigen Budgetdebatte im Nationalrat seinen Finanzplan verteidigt. "Es ist ein klares Bekenntnis zu einem Ende der Schuldenpolitik in Österreich", sagte Löger am Dienstag. Die Opposition warf der türkis-blauen Regierung vor, die gute Konjunktur ungenutzt verstreichen zu lassen, anstatt Reformen anzugehen.

Das Doppelbudget sieht für 2018 und 2019 ein gesamtstaatliches strukturelles Defizit (ohne Konjunktureffekte, Einmalmaßnahmen und Flüchtlingskosten) von jeweils 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung vor. Der nach Ende der Bankenkrise eingeleitete Abbau der Staatsschulden wird fortgesetzt. Die Abgabenquote soll von 42 Prozent auf 41,2 Prozent im kommenden Jahr sinken. Außerdem will der Bund im kommenden Jahr einen Überschuss von einer halben Millarde Euro erzielen.

Strolz: Alte ÖVP wieder auf dem Vormarsch

SPÖ-Klubchef Christian Kern hält das Doppelbudget dennoch für wenig ambitioniert. Denn der von der Regierung gefeierte administrative Überschuss 2019 gelinge nur dank hervorragender Konjunktur und hoher Einmal-Einnahmen. Außerdem warf Kern der Regierung vor, Mittel für den Ausbau von Ganztagsschulen und Kindergärten zu kürzen: "Damit können wir bestenfalls eine Runde Dreiradler im Parlamentskindergarten finanzieren." Und von der angekündigten Anhebung der Mindestpensionen für Langzeitversicherte hätten Frauen nichts: "40 Jahre Versicherungszeiten - das gibts bei Frauen, die heute Kinder erziehen, nicht."

Auch Neos-Chef Matthias Strolz hätte sich angesichts der "sprudelnden Steuereinnahmen" und der guten Konjunktur ein ambitionierteres Budget gewünscht: "Weil Sie die Gunst der Stunde nicht für Reformen nutzen - das ist der eigentliche Schmerz." Stattdessen werde in der Bildungspolitik "Zukunftsraub in großem Stil" veranstaltet, weil die Länder jede Veränderung blockieren würden. Strolz sieht die alte ÖVP wieder am Vormarsch ("Black is back"): "Das ist 'Zeit für Neues', Sebastian Kurz? Ernsthaft?"

Bruno Rossmann von der Liste Pilz sieht Österreich mit dem ersten Budget der Regierung Kurz am Weg in die "Zweidrittelgesellschaft". "Wir haben es hier mit einer neoliberalen Zeitenwende zu tun", kritisierte Rossmann eine "Umverteilung von unten nach oben". Klimaschutz, Pflege und Soziales kämen zu kurz. Und die angekündigte Abschaffung der Notstandshilfe werde zu Niedriglöhnen und gestiegener Armut führen. Außerdem kritisierte er, dass Geringverdiener beim Familienbonus schlechter aussteigen als Gutverdiener: "Ist bei Ihnen nicht jedes Kind gleich viel wert?"

Weitere Erleichterungen für Tourismus geplant

Finanzminister Löger trat dagegen zur Verteidigung seines Budgets an: "Wir haben erkannt, dass es so nicht weitergehen kann." Die Regierung wolle ein Ende der Schuldenpolitik, die Entlastung der Steuerzahler und "Einsparungen im System". "Man kann soziale Sicherheit nicht auf Dauer auf Pump finanzieren. Wir müssen selber dafür sorgen, dass wir in Österreich ein funktionierendes, sicheres System haben", sagte der Finanzminsiter.

Den Hinweis von Ex-Kanzler Kern, dass schon die Vorgängerregierung sinkende Schulden hinterlassen habe, wies Löger mit Verweis auf das Bundesdefizit von 6,9 Milliarden Euro 2017 zurück: "Wenn Sie darauf stolz sind, dann kann ich das nicht nachvollziehen."

Unterstützt wurde Löger von FPÖ-Budgetsprecher Erwin Angerer. "Es ist nicht ganz einfach, ein gutes Budget schlecht zu reden", meinte er mit Blick auf die Kritik der Opposition. Angesichts der guten Konjunktur habe man die Wahl, weiter über die eigenen Verhältnisse zu leben oder die Schulden abzubauen.

VP-Klubchef August Wöginger wies auch Kritik zurück, der Familienbonus werde Bezieher niedriger Einkommen benachteiligen. Die 1500 Euro Steuerersparnis für ein Kind seien bereits ab 1750 Euro Monatsbrutto möglich, so Wöginger. Und FP-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs sagte zu, mit 2022 auch die kalte Progression abzuschaffen. Für den Tourismus soll es, über die ab Herbst gesenkte Mehrwertsteuer hinaus, weitere Erleichterungen geben.

Kurz weist Vorwurf der asozialen Politik zurück

Die Regierungsspitze selbst nutzte die Budgetdebatte im Hohen Haus freilich dafür, die eigene Arbeit positiv zu bewerten. Kurz wies den Vorwurf, er mache asoziale Politik, zurück: "Das Unsozialste, was man machen kann, sind Schulden."

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bestritt in seiner - wesentlich ausführlicheren - Rede den Vorwurf, seinem Ressort sei "Spielgeld" zugewiesen worden. Die Mittel würden für konkrete Vorhaben benötigt, meinte Strache, der Beamten- und Sportminister ist.

Mit dem Kapitel Bundeskanzleramt und "Oberste Organe" - also Parlament, Höchstgerichte, Rechnungshof und Volksanwaltschaft - ist Dienstagmittag die eigentliche Budgetdebatte begonnen worden, die sich bis Donnerstagabend ziehen wird. Am Dienstag werden noch die Kapitel Kunst und Kultur, Äußeres, Justiz und Inneres abgehandelt.

Schon zu Mittag mit Koalitionsmehrheit beschlossen wurde das Budgetbegleitgesetz. Dieses beinhaltet rund 30 Gesetzesänderungen, die zumindest indirekt mit dem Budget zu tun haben. Das Zugangsalter zur Altersteilzeit wird in zwei Stufen um jeweils ein Jahr angehoben, womit Frauen ab 2020 erst mit 55 und Männer erst mit 60 über dieses Instrument in Richtung Pension gleiten können. Drastisch gekürzt werden die Mittel für die mit Juni kommenden Jahres befristete "Aktion 20.000", konkret von 779 auf 185 Millionen Euro. Die Aufwendungen für das verpflichtende Integrationsjahr werden auf 50 Millionen halbiert. Heute noch dazugekommen ist die Verschiebung des Fotos auf der E-Card um ein Jahr.

(APA)

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