Stadt Salzburg arbeitet NS-belastete Straßennamen auf

Stadt Salzburg: NS-belastete Straßennahmen werden aufgearbeitet.
Stadt Salzburg: NS-belastete Straßennahmen werden aufgearbeitet.(c) APA (Barbara Gindl)
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Bis 2020 werden die Biografien 65 belasteter Namenspaten erstellt. Dann soll darüber entschieden werden, wo Zusatzinfos auf Erläuterungstafeln angebracht werden oder Umbenennungen erfolgen sollen.

Die Stadt Salzburg setzt sich zum Abschluss eines Projekts zur eigenen Geschichte in der NS-Zeit mit "braunen" Straßennamen auseinander. Bis 2020 werden dazu die Biografien belasteter Namenspaten erstellt. Ein wissenschaftlicher Fachbeirat soll dann dem Gemeinderat empfehlen, wie mit den Forschungsergebnissen umgegangen wird: etwa Zusatzinfos auf Erläuterungstafeln bis hin zu Umbenennungen.

In der Landeshauptstadt gibt es aktuell 1145 Straßen oder Plätze. 566 davon tragen die Namen von Einzelpersonen. 200 dieser Personen haben in der NS-Zeit gelebt. Aus diesem Kreis haben Historiker 65 Namen herausgefiltert, die nachweislich Mitglieder der NSDAP oder Parteianwärter waren oder unterschiedlich stark ausgeprägt mit dem NS-System verstrickt waren. Dabei wurden auch Namensträger erfasst, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg nach Salzburg kamen und bisher nicht im Fokus standen.

Mit den Biografien und der zugrunde liegenden Recherche beschäftigt sich der Historiker Johannes Hofinger. Elf Biografien hat er bereits fertiggestellt und im Internet veröffentlicht - darunter die des Dirigenten Herbert von Karajan oder des Bildhauers Josef Thorak. "Die Biografien werden mit Schwerpunkt auf die Funktionen, Tätigkeiten und Handlungen der Personen in der NS-Zeit erstellt", so Hofinger.

Namen werden in drei Kategorien eingeteilt

Zugleich hat der achtköpfige Fachbeirat Kriterien für eine Bewertung der Verstrickung mit dem NS-Regime erarbeitet: Es geht dabei etwa um die Beteiligung an Kriegsverbrechen, Zerstörungen, Plünderungen, Arisierungen und Kunstraub. Aber auch die Propagierung von NS-Ideologie und eine Förderung des Regimes aus führenden politischen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen oder künstlerischen Positionen heraus soll bewertet werden.

Danach werden die Namen in drei Kategorien eingeteilt: Erstens in Personen, die zwar Nazis waren, sich aber keiner Verbrechen schuldig gemacht haben und deren Verstrickung mit dem Regime nicht zu gravierend waren. Über sie soll es in Zukunft Einträge im digitalen Stadtplan der Stadt geben. Zweitens in Personen, deren Aktivitäten so weit gegangen sind, dass es zusätzlich zur Darstellung der Biografie im Internet einer Info auf den Erklärungstafeln zu den Straßennamen vor Ort braucht. Und schließlich in Personen, die so gravierend mit dem NS-Regime verstrickt waren, dass eine Umbenennung der Straßen oder Plätze in Erwägung gezogen werden soll.

Warnung: "Es kursieren oft nur Halbwahrheiten"

Immer wieder einmal geäußerte Kritik, dass die Umbenennung mancher Straßen in Salzburg schon zu lange dauert, ließ die zuständige Chefin der Kulturabteilung der Stadt, Ingrid Tröger-Gordon, heute nicht gelten. "Die Stadt kann nicht auf politischen Zuruf Straßen umbenennen, nur weil es gerade opportun ist. Es geht um eine Gesamtsicht." Erst wenn alle fraglichen Biografien abgeschlossen sind, werde der Fachbeirat der Politik vorschlagen, wie man damit umgehen solle. In der Stadt Salzburg hatte vor allem die grüne Bürgerliste in der Vergangenheit mehrfach vergeblich eine Umbenennung der Josef-Thorak-Straße gefordert.

Und auch der Historiker Hofinger warnte am Freitag vor Schnellschüssen. "Es kursieren oft nur Halbwahrheiten." So gebe es bei Thorak - zweifelsohne ein Günstling des NS-Regimes - keine Archiv-Belege dafür, dass dieser wie oft kolportiert KZ-Zwangsarbeiter ausgenützt haben soll. "Das soll jetzt keine Reinwaschung, aber ein Zurechtrücken von bisher Gesagtem sein." Auf der anderen Seite gäbe es Biografien, wo erst spät NS-Verstrickungen bekannt wurden. Der Wiener Bildhauer Gustav Resatz trat etwa bereits 1931 der NSDAP bei und war in den Jahren des Parteiverbots illegal aktiv. In seinen Publikationen finden sich wiederholt Rassismen und antisemitische Ausfälle. Er konnte sich nach dem Krieg der Verfolgung entziehen - bis er amnestiert wurde. Er kam erst 1959 nach Salzburg wo er wenige Jahre später starb. 1971 wurde eine Straße nach ihm benannt - vermutlich wussten in der Stadt nur wenige über seine Vergangenheit Bescheid.

(APA)

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