Lask: Ein schwarz-weißes Comeback für die Geschichtsbücher

João Victor zelebriert den Linzer Höhenflug.
João Victor zelebriert den Linzer Höhenflug.(c) Daniel Scharinger / picturedesk.com
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Sportliche und finanzielle Probleme, ein tiefer Fall und ein hart erarbeiteter Neuanfang: Der Lask ist vom Chaos-Klub zum Europacupteilnehmer aufgestiegen. Erfolgscoach Oliver Glasner soll den Traditionsverein nun dort etablieren, wo er hingehört. Auch mithilfe eines Linzer Jahrhundertprojekts.

Die Bundesliga hat gerade in ihrer jüngeren Vergangenheit reihenweise Aufsteiger erlebt, die die Kräfteverhältnisse gehörig auf den Kopf gestellt haben. Was diese Tatsache über das Niveau im Oberhaus aussagt, ist eine andere Geschichte. Fakt ist aber, dass die Admira (Dritter 2012), Wolfsberg (Fünfter 2013), Grödig (Dritter 2014) und Altach (Dritter 2015) auf Anhieb oben mitgemischt haben, sich nach ihrer Premierensaison mitunter sogar im Europacup wiederfanden.

Doch der wohl beste Liga-Neuling hierzulande ist der Lask in dieser Saison 2017/18. Nur zwei Punkte aus den letzten vier Bundesligarunden fehlen den Linzern noch auf den Punkterekord eines Aufsteigers (59 Zähler, Altach 2015). Bereits fixiert ist, dass der Lask im Sommer die Qualifikation zur Europa League bestreiten wird, also nach 18-jähriger Durststrecke wieder den Sprung in den Europacup geschafft hat. „Der Kaffee schmeckt jetzt schon gut. Alles, was noch draufkommt, jeder Punkt, jeder Sieg, ist der Schlag oben drauf“, erklärte Oliver Glasner. Der Linzer Erfolgscoach würde sich hüten, über solche Aussichten zu fabulieren, doch auch Tabellenplatz zwei und damit die zweite Qualifikationsrunde der Champions League sind noch möglich.

Der Durchmarsch des Aufsteigers liegt gar nicht so sehr an der Schwäche der Konkurrenz, auch wenn heuer erstmals seit 2007 keiner der Wiener Großklubs Austria und Rapid in den Top drei landen könnte. Der Schlüssel zum Lask-Erfolgslauf ist ausgerechnet das SV-Ried-Urgestein Glasner. In über 500 Partien lief der Verteidiger für die Innviertler auf, dort erhielt er auch seinen ersten Cheftrainerposten, ehe er nach Linz gelotst wurde. Ein Wechsel, der bei seinem Stammklub ganz und gar nicht gut ankam und auch sonst Unverständnis auslöste, immerhin hatte der Familienvater einen Bundesliga-Mittelständler gegen einen Erste-Liga-Klub getauscht. Doch Glasner wollte etwas aufbauen und bekam beim Lask die dafür notwendigen Befugnisse, der 43-Jährige ist Trainer und Sportchef in Personalunion, ganz im Stile eines englischen Fußballmanagers.

Als solcher lässt er in Pasching, seit der Saison 2016/17 Lask-Heimstätte, flotten Fußball spielen, die Intensität ist hoch, die Glasner-Truppe ist eine der laufstärksten der Liga, hinten lässt sie wenig zu, vorne verwertet sie eiskalt. So hat man beim Meister in Salzburg zweimal ein Remis erkämpft (1:1, 0:0) und dem Titelverteidiger vor vier Wochen die überhaupt erst zweite Liganiederlage dieser Saison zugefügt (1:0) – in einer Partie, in der Salzburg nicht einmal schlecht gespielt hat. Elf Siege hat der Lask in den bisherigen 14 Partien der Rückrunde eingefahren, damit sind die Athletiker noch vor den Salzburgern das beste Team der zweiten Saisonhälfte.

Dabei hat es in Linz vor einigen Jahren vielmehr nach Konkurs als nach Europacup ausgesehen. 2013 drohte der Traditionsklub, 1965 der erste österreichische Meister außerhalb Wiens, endgültig im Chaos zu versinken. Die letzten nennenswerten Erfolge Ende der 1990er, als Geir Frigård österreichischer Torschützenkönig wurde (1998), Otto Baric auf der Trainerbank Platz nahm (1998/1999), Spieler wie Peter Stöger (1997/98) oder Souleymane Sané (1999), Vater des deutschen Manchester-City-Jungstars Leroy Sané, auf der Gugl aufliefen und man im Uefa-Cup gegen Steaua Bukarest spielte, lagen da schon gut 15 Jahre zurück. Präsident Wolfgang Riegler, der mit seiner Bank in den Konkurs geschlittert war, hatte sich an die Côte d'Azur abgesetzt und der Welser Unternehmer Peter-Michael Reichel, Präsident von 2000 bis 2013 hatte es nicht geschafft, die Fans hinter sich zu bringen. Kurzzeitig hatte Altstar Ivica Vastic den Lask zwar zurück in der Bundesliga geführt, der Klub war dennoch längst dabei, auf den absoluten Tiefpunkt im Linzer Fußball zuzusteuern.

Für die Saison 2012/13 wurde dem Lask die Lizenz verweigert, er fand sich in der Regionalliga Mitte und damit im Amateurfußball wieder. Gleichzeitig war Blau-Weiß Linz, Nachfolgeverein des 1997 mit dem Lask „fusionierten“ FC Linz, aus der Ersten Liga abgestiegen. Die drittgrößte Stadt Österreichs war erstmals seit Gründung der Bundesliga 1974 nicht in den obersten zwei Ligen vertreten.

Doch Heiligabend 2013 wurde von den „Freunden des Lask“ ein neues Kapitel aufgeschlagen. Industrielle, Unternehmer und Fußball-Fachleute legten je 75.000 Euro auf den Tisch, übernahmen außerdem Haftungen und lukrierten Sponsorengelder. Auf absurde Zielsetzungen, wie man sie schon aus Favoriten oder Horn gehört hatte, wurde verzichtet, der Verein hingegen neu aufgestellt: bodenständig und in der Region verwurzelt. Karl Daxbacher, der sich Jahre zuvor mit Präsident Reichel eine Schlammschlacht geliefert hatte, führte den Lask 2014 zurück in die Erste Liga, Glasner im Vorjahr dann zurück in die Bundesliga und nun in den Europacup.

Mittlerweile bekleidet Siegmund Gruber das Präsidentenamt. Der Miteigentümer des Büromöbelherstellers Hali und einer der „Freunde des Lask“ forciert das Stadionprojekt in Pichling im Süden von Linz, einen 45-Millionen-Euro-Bau für 16.500 Zuschauer. Gruber weiß, nur mit entsprechender Infrastruktur und Fanzulauf (Zuschauerschnitt in Pasching: rund 5000) ist der Lask dort zu etablieren, wo er hingehört: auf Augenhöhe mit den Wiener Klubs, deren Budget derzeit noch das Dreifache beträgt, und Sturm Graz.

Vorerst gilt es aber, Leistungsträger wie Mittelfeldmann Gernot Trauner, 26, nicht zu verlieren. Wird Oldie Emanuel Pogatetz, 35, weitermachen? Und was geschieht mit den Salzburger Leihspielern, den treffsicheren Angreifern Samuel Tetteh, 21, und Mërgim Berisha, 19? Zumindest Florian Jamnig, 27, fixe Größe im Mittelfeld von Innsbruck, soll zum Lask stoßen.


Ist Glasner zu halten? Erfolgscoach Glasner hat einen Vertrag bis 2022 unterschrieben. In diesem Jahr soll auch das Eröffnungsspiel im neuen Stadion steigen. Doch seine Arbeit blieb nicht unbemerkt. Marco Rose wird Salzburg wohl verlassen, das ist ob der Gesetzmäßigkeiten des Fußballgeschäfts nicht anders vorstellbar. Gut möglich, dass der Ligakrösus bei Glasner anklopfen wird. Immerhin hat dieser Red-Bull-Vergangenheit, war 2012 bis 2014 Co-Trainer beim Meister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2018)

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