CeBIT: Auto-Industrie will "Smartphone auf Rädern" forcieren

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Das "Smartphone auf Rädern" soll das Straßenbild verändern.(c) APN (Axel Heimken)
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Das Internet auf vier Rädern soll zukünftig zur Serienausstattung gehören. Ein Konzept setzt auf Googles Android-Betriebssystem. Dank LTE soll es keinen Datenengpass geben.

Nachdem das Internet Wohnzimmer, Jackentaschen und Büros erobert hat, ist nun das Auto dran. Geht es nach Automobilindustrie und IT-Branche, steht das Internet auf vier Rädern vor dem Durchbruch.

Das Auto sei der "letzte weiße Flecken" des Internets, sagte Conti-Manager Ralf Lenninger. Um den zu schließen, arbeitet Conti mit der Deutschen Telekom am System "AutoLinQ", das auf der CeBIT in Hannover präsentiert wurde. Das Ziel: Das Internet und spezielle Anwendungen für Autofahrer sollen als Serienausstattung in alle Fahrzeugklassen gebracht werden, bisher gebe es Infotainment-Dienste ausschließlich in Oberklassewagen.

E-Mail per Spracheingabe beantworten

Für die Miniprogramme - im Branchenjargon "Apps" - wurde ein "Cockpit-Computer" entwickelt, der das Google-Betriebssystem Android nutzt. So gibt es Apps für Musiksuche und Nachrichten, die dem Fahrer unterwegs vorgelesen werden, wie auch neu angekommene E-Mails. Diese könne der Autofahrer per Sprachsteuerung auch gleich beantworten - ohne dafür die Hände vom Steuer und den Blick von der Straße nehmen zu müssen.

Der Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent zeigte auf der CeBIT eine Konzeptstudie - das "Smartphone auf Rädern" soll über den neuen Mobilfunkstandard LTE unterwegs mit dem Internet verbunden werden. "Zukünftig wird das Automobil selbstverständlicher Bestandteil der vernetzten Welt sein", sagte der Deutschlandchef von Alcatel-Lucent, Alf Henryk Wulf.

Doch Branchenexperten sehen die Entwicklung erst am Anfang. "Die Idee des fahrenden Büros hat sich bisher nicht durchgesetzt", sagte Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach.

Erhöhte Unfallgefahr?

Es komme darauf an, dem Autofahrer zielgerichtete Angebote zu machen, die einen echten Nutzwert hätten, sagte ADAC-Verkehrsexperte Johann Nowicki. Denn: "Internet im Auto ist nicht umsonst." Und Ulrich Chiellino, Verkehrspsychologe des ADAC, sagt: "Der Autofahrer könnte unterschätzen, dass er die volle Aufmerksamkeit für das Autofahren braucht." Internet an Bord könnte zu Ablenkungen führen, die Unfallgefahr könnte dadurch steigen. Grundsätzlich sei zu fragen, welche zusätzlichen Anwendungen der Autofahrer wirklich brauche: Sind dies auch die aktuellen Börsendaten?

Nach dem Willen der Industrie aber sollen im "IT-Auto" der Zukunft iPhone, Apps und Konsorten zum Standard gehören. Besonders weit ist Ford. Der US-Autobauer hat bereits die zweite Generation seines Sync-Systems auf der CES im Jänner veröffentlicht. Dieses bindet Handys, Notebooks und MP3-Spieler in die Bordelektronik ein.

Microsoft mischt bei Ford, Fiat und Kia mit

Die IT-Giganten treiben die Entwicklung voran. Der weltgrößte Software-Konzern Microsoft ist dabei besonders umtriebig. So verhalf er jüngst dem südkoreanischen Autobauer Kia zu dessen Kommunikationssystem UVO, das Ende des Jahres in die ersten Modelle eingebaut werden soll. Auch Fords Sync basiert auf Microsoft- Technologie. Weitere Partner sind Fiat und Conti.

Bei Europas größtem Autobauer Volkswagen arbeiten die Ingenieure derzeit unter anderem daran, verschiedene Multimedia-Handys mit der VW-Bordelektronik auf eine Wellenlänge zu bringen - ab Sommer zum Beispiel auch das iPhone von Apple. Das können die Fahrer dann steuern, ohne die Hände vom Lenkrad zu nehmen. Die Software bezieht der Autobauer dabei von den Handy-Herstellern - die Einbindung übernimmt er selbst. "Wir machen das selbst", sagte ein Sprecher. Ein Grund seien die unterschiedlichen Produktzyklen. Ein Handy halte sich ein halbes Jahr auf dem Markt - ein Automodell aber sechs Jahre.

(Ag.)

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