Wenn das Taxi Strom tankt

Wie effizient lassen sich E-Taxis in einer Großstadt betreiben? Nach einem Langzeittest mit 50 elektrischen Fahrzeugen liegen nun Ergebnisse für Wien vor.

Den Weg zum Arbeitsplatz tritt er ganz gern mit dem Tretroller an. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Harald Wakolbinger kennt den Markt für Elektrofahrzeuge gut. Seit einiger Zeit weiß Wakolbinger auch, wie sich eine Fahrergruppe mit elektrisch angetriebenen Autos tut, die nach besonders hoher Laufleistung – in Wien bis zu 60.000 Kilometer pro Jahr – verlangt: Im vom Technologieministerium geförderten Projekt E-Taxi Wien ermittelten Mitarbeiter der Wiener Stadtwerke und der Taxibranche gemeinsam mit Forschern der TU Wien und des Austrian Institute of Technology (AIT), wie es um Nutzung, Akzeptanz und wirtschaftliche Realisierbarkeit von E-Taxis steht.

Fazit nach dem über zweijährigen Regelbetrieb mit 50 E-Taxis auf Wiens Straßen: „E-Taxis lassen sich in Wien wirtschaftlich betreiben“, sagt Wakolbinger, bis letzten Juni Leiter des Projekts und aktuell in Mobilitätsprojekten der Wiener Lokalbahnen tätig. Voruntersuchungen ließen ein solches Resultat bereits vermuten. Unterstützt durch reale Fahrdaten, bereitgestellt von einem Taxifunkvermittler, zeigten Simulationen des TU-Instituts für Energiesysteme und Elektrische Antriebe und des AIT schon 2013, dass E-Autos mehr als 90 Prozent der Taxifahrten in Wien bewältigen können.

Drei Kilometer Leerfahrten

Wie aber ist es um deren Akzeptanz bestellt? Zur Klärung dieses Punkts brauchte es zweierlei: Den Aufbau einer 50 Fahrzeuge umfassenden E-Flotte durch 24 Taxiunternehmen, die eine Förderung in Höhe von 8000 Euro pro Fahrzeug geltend machen durften. Sowie die Errichtung einer flächendeckenden Schnellladeinfrastruktur mit elf Ladepunkten in Wien. Zudem kamen drei exklusive E-Taxi-Standplätze in Wien Margareten, Innere Stadt und Favoriten ins Spiel.

Die Ergebnisse nach 9110 Ladevorgängen in 552 Tagen: Die E-Taxis trotzen nicht nur extremer Witterung, sie kommen, leise wie sie sind, auch ganz gut beim Kunden an: Drei Viertel aller E-Taxilenker gaben zu Protokoll, größere (50 Prozent) oder zumindest gleich große Nachfrage (25 Prozent) erzielt zu haben als mit Pkw mit klassischem Verbrennungskraftmotor.

Auch Pilotkooperationen mit Firmen oder Hotels, die ihre Co2-Bilanz aufbessern wollen und per Software automatisiert E-Taxis bestellen, sind aufgegangen. Die Befürchtungen, Opfer einer komplexen Tanklogistik zu werden, haben sich großteils zerstreut: „Die täglichen Leerfahrten als Folge des Betankens mit Strom liegen bei nur rund drei Kilometern“, heißt es im Projektteam.

Probleme mit Lieferzeiten

Dass man mit 50 E-Taxis eine Zielgröße allerdings klar unterschritt – im Fördertopf des Technologieministeriums waren Gelder für 250 E-Taxis reserviert – hat mehrere Gründe. Projektleiter Harald Wakolbinger macht dafür strukturelle Probleme der Branche, etwa den Wettbewerb mit dem Mietwagengewerbe, verantwortlich. Lange Lieferzeiten bei den E-Autos förderten auch nicht gerade den Umstieg. „Und ein Taxler, der im Sommer seinen Zweitwohnsitz im Burgenland nutzt, müsste für die Fahrt zum Dienst zumindest eine zusätzliche Ladepause einplanen“, sagt er. Das sei „sicher nicht jedermanns Sache“.

IN ZAHLEN

4583Taxis sind aktuell auf Wiens Straßen unterwegs, die Zahl der aufrechten Unternehmenskonzessionen für das Taxigewerbe liegt in der Bundeshauptstadt bei 2779.

1532 rein elektrisch betriebene Fahrzeuge waren laut Statistik Austria Ende 2017 in Wien angemeldet. Die Zahl der Elektrotaxis liegt in Wien bei aktuell 60 Fahrzeugen, 50 davon gingen im Rahmen des vom Technologieministerium geförderten Projekts E-Taxi an den Start.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2018)

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