Juristisches Tamtam um die Homo-Ehe

Das Gebot der sachlichen Differenzierung erfordert es, Unterschiedliches nicht populistisch gleich zuzuordnen.

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom Vorjahr, das gesetzliche Bestimmungen aufgehoben hat, die die Ehe für heterosexuelle Paare und die Eingetragene Partnerschaft (EP) für homosexuelle Paare vorbehält, muss bis Jahresende eine neue Regelung gefunden werden, sollen nicht beide Rechtsinstitute für alle Paare offenstehen, was aber eine Art unsachlicher Populismus wäre.

Obwohl die Ausgestaltung als auch die Rechtsfolgen beider Formen einander weitgehend entsprechen, wie der VfGH festgehalten hat, gibt es dennoch sachliche Gründe, die Differenzierung von Ehe und Eingetragener Partnerschaft aufrechtzuerhalten, ohne dass gleichgeschlechtliche Paare darin eine mögliche Diskriminierung erblicken müssen, wie es das Judikat durch die Exklusivität der EP für diese Gruppe unterstellt hat.

Denn der VfGH hat in dieser auch kulturell-religiös stark geprägten Rechtsfrage als zentralen Entscheidungsgrund einzig auf die formal gleiche Bezeichnung der Verbindung von hetero- und homosexuellen Paaren abgestellt. Er hat allein in deren exklusiver Zuordnung entweder zur Ehe oder zur EP mit dem damit vermeintlich verbundenen unerwünschten Zwang, die eigene sexuelle Orientierung öffentlich zu machen, eine potenzielle Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare gesehen.

Ein übersehenes Faktum

Weitgehend ausgeblendet blieb in diesem umstrittenen Erkenntnis dagegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte und damit im Verfassungsrang stehende „Recht auf Eheschließung für Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter“.

Damit besteht ja auch bereits ein verfassungsgesetzlicher Ehebegriff in Österreich. Folgerichtig hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2010 judiziert, dass Gesetze, die die Ehe nur für Mann und Frau vorsehen, nicht der Konvention widersprechen.

Die Ehe auch auf gleichgeschlechtliche Paare zu erweitern, würde nicht nur heißen, das biologische Faktum, dass nur aus der Gemeinschaft von Mann und Frau neues menschliches Leben hervorgehen kann, nicht zu berücksichtigen. Es würde auch ihrer Ausrichtung auf das Wohl des Kindes zuwiderlaufen, dem in der Regel – von der ein Gesetz auszugehen hat – mit einer Vater-Mutter-Kind-Beziehung am besten gedient ist.

Unnötiger Kulturbruch

Bei der gewünschten Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geht es offenbar in einer Art Justamenthaltung nur um eine Aneignung des Begriffs Ehe. Dies geschieht dabei oft gerade durch jene, die die klassische Ehe für gewöhnlich als nicht mehr zeitgemäße Einrichtung beurteilen.

Der von einigen erhoffte und von manchen befürchtete Kulturbruch, den Begriff der Ehe neu zu definieren, ist nach der Entscheidung des Höchstgerichts aber rechtlich gar nicht notwendig.

Dass vielmehr die Öffnung der Eingetragenen Partnerschaft für alle zur Lösung des Problems schon ausreichen würde, hat auch der damalige Gerichtspräsident Gerhard Holzinger in einer Stellungnahme bestätigt. Das könnte auch dem Wunsch vieler heterosexueller Paare entsprechen. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten, aber ein anderes Erscheinungsbild – wer könnte sich daran stoßen?

Das VfGH-Erkenntnis sollte als untauglicher Versuch stehen bleiben, biologische Lebensbedingungen und gesellschaftliche Werthaltungen definitorisch zu nivellieren. Das Gebot der sachlichen Differenzierung, das übrigens auch dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot innewohnt, erfordert es dagegen, dass Unterschiedliches nicht mutwillig und populistisch gleich zugeordnet, sondern zumindest auch verschieden definiert werden muss.

Dr. Andreas Kresbach, ist Jurist im öffentlichen Dienst und im Team des Thinktanks Die Weis[s]e Wirtschaft für Familien- und Generationenpolitik zuständig.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2018)

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