Karenz: Anrechnung per Gesetz

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP).
Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP).(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Familienministerin Juliane Bogner-Strauß appelliert an die Sozialpartner, die Karenzzeiten bei Gehaltsvorrückungen voll anzurechnen.

Wien. Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) will die Anrechnung von 24 Monaten Karenzzeit bei Gehaltsvorrückungen per Gesetz regeln, sollte dies seitens der Sozialpartner nicht über die diesjährigen Kollektivvertragsverhandlungen funktionieren. In diesem Fall würde die Bundesregierung bis Jahresende eine Neuregelung vorlegen, teilte sie am Mittwoch mit.

Die Karenz solle wie die Arbeitszeit bewertet werden, dies sei ein wichtiger Schritt für eine nachhaltige Familienpolitik und die Gleichstellung von Frau und Mann. Wer bis zu 24 Monate Karenz nehme, solle künftig in dieser Zeit alle Gehaltsvorrückungen sowie die entsprechenden Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen, Entgeltfortzahlungen und Krankenstandsansprüche angerechnet bekommen, so die Ministerin in einer Aussendung: „Keine Familie soll einen Nachteil haben, wenn sie das Recht auf Karenz wahrnimmt und sich für Familie und Kinder entscheidet.“

Für Bogner-Strauß ist es wichtig, bei der Herbstlohnrunde ein besonderes Augenmerk auf jene Branchen zu legen, in denen besonders viele Frauen beschäftigt sind: „Vor allem in Bereichen wie dem Handel, wo knapp zwei Drittel Frauen tätig sind, sollten wir einen hohen Abschluss anstreben, um dem Gender Pay Gap wirkungsvoll entgegenzutreten“, betonte die Ministerin.

Wögingers Forderung

Die Forderung nach Anrechnung der Karenzzeiten kommt ursprünglich von ÖVP-Klubchef August Wöginger. Auch dieser hatte an die Sozialpartner appelliert, die Forderung bei den Kollektivvertragsverhandlungen umzusetzen. Bei der Bemessung der Kündigungsfrist, für die Dauer der Entgeltfortzahlung, im Krankenstand oder für das Urlaubsausmaß werden bisher höchstens zehn Monate der ersten Karenz im Arbeitsverhältnis angerechnet.

Laut Wöginger ist eine volle Anrechnung derzeit erst in rund 30 Prozent der großen Kollektivverträge umgesetzt. Derzeit gibt es insgesamt 859 unterschiedliche Kollektivverträge, in 145 davon findet sich eine Regelung zur automatischen Anrechnung der Karenzzeiten.

SPÖ für sofortige Umsetzung

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch hat sich am Mittwoch verwundert über die Ankündigung der Familienministerin gezeigt,. Die SPÖ habe bereits am Mittwoch einen entsprechenden Initiativantrag im Nationalrat eingebracht.

Dass er als Bau-Holz-Gewerkschaftschef einer gesetzlichen Lösung damit den Vorzug gegenüber einer Sozialpartner-Einigung gibt, begründete Muchitsch damit, dass in manchen Branchen die Macht fehle, diese sozialpolitische Forderung gegen den Widerstand der Arbeitgeber durchzusetzen. Auch bei der Angleichung von Arbeitern und Angestellten sei man so vorgegangen, sagte er. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2018)

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