Alexander Zverev: Der Thronfolger wartet auf den Lendl-Effekt

Bereit für den großen Wurf? Hoffnungsträger Alexander Zverev.
Bereit für den großen Wurf? Hoffnungsträger Alexander Zverev.(c) Action Images via Reuters (ANDREW COULDRIDGE)
  • Drucken

Alexander Zverev fordert Novak Djoković. Der streitbare 21-Jährige hat sich heuer etabliert, der ganz große Coup aber blieb einmal mehr aus.

London. Laver Cup 2018, Alexander Zverev sitzt auf der Bank, hinter ihm lehnt Roger Federer und sagt: „Bleib positiv, lass dich nicht frustrieren, gib den Leuten keinen Grund, dich nicht zu mögen.“ Mit diesen Worten half der Altmeister dem Jungstar nicht nur, die Partie gegen Kevin Anderson noch zu drehen, er hat Zverev damit wohl auch das Rezept in die Hand gegeben, um die Nummer eins der Tenniswelt zu werden.

Die Schläge dafür hat der 21-jährige Deutsche, aktuell Weltranglistenfünfter, so gut wie beisammen. Mitunter ist er noch etwas abhängig von seinem starken Aufschlag, auch der Return ist in diesem Alter noch ausbaufähig. Aber die beidhändige Rückhand ist schon jetzt eine der besten der Welt. Doch Zverev gilt als arrogant, unnahbar und eigensinnig. Sein Ex-Trainer Juan Carlos Ferrero verlangte mehr Respekt und Pünktlichkeit, Zverev lieferte sich daraufhin einen medialen Kleinkrieg mit der ehemaligen Nummer eins. Die Tenniswelt rätselt, wieso bei Zverev 2018 erneut der große Durchbruch auf Grand-Slam-Ebene ausblieb. An der Fitness kann es nicht mehr gelegen sein. Einzige Erklärung: Druck gepaart mit Ungeduld.

So erntet Zverev auch am Ende dieser Saison Kritik. Trotz drei Turniersiegen und einer 55:18-Matchbilanz – keiner hat 2018 mehr Partien gewonnen. In Deutschland wird er an früheren Weltranglistenersten gemessen, an Steffi Graf, Angelique Kerber und vor allem an Boris Becker, der im Gegensatz zu Zverev auch sein Privatleben mit der Öffentlichkeit teilte.

„Da vergisst man schnell, dass ich erst 21 Jahre alt bin und noch viel vor mir habe“, sagt Zverev. Tatsächlich ist er seiner Generation längst entwachsen, schon zum zweiten Mal in Folge tritt er heuer als der mit Abstand jüngste Profi bei den ATP Finals in London an. Seine Auftaktpartie gegen Marin Čilić hat er 7:6, 7:6 gewonnen, am Mittwoch wartet mit Novak Djoković der ultimative Härtetest (15 Uhr, Sky).

Mit dabei in London ist Coach Ivan Lendl. Die 58-jährige frühere Nummer eins hat schon aus Andy Murray einen Major-Sieger gemacht. Das erste gemeinsame Großevent von Zverev und Lendl war mit dem Drittrunden-Aus bei den US Open schiefgegangen. Nach knapp drei Monaten Zusammenarbeit greift das Duo nun in London nach dem ersten großen Titel. „Wir denken ähnlich“, sagt Zverev. „Wir wollen beide gewinnen, und alles andere interessiert uns nicht so sehr.“

Die Frage ist: Wann tritt der Lendl-Effekt ein? „Man hofft immer, dass es so schnell wie möglich geht, aber der wirklich große Effekt kommt wahrscheinlich erst im Sommer. Dann seht ihr Unterschiede in meinem Spiel“, prophezeite der 1,98-Meter-Schlaks. Sein Aufschlag habe sich jedenfalls schon verbessert.

Gegen Djoković wird Zverev mehr als nur krachende Aufschläge benötigen, der Weltranglistenerste hat beim 6:4, 6:3 über John Isner nur sechs Punkte bei eigenem Service abgegeben und sich insgesamt nur sechs unzerzwungene Fehler erlaubt. Schon im Vorjahr schlug Zverev zum Auftakt ?ilić, dann kassierte er zwei Niederlagen und schied aus. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tennis

ATP Finals: Djokovic auf Halbfinalkurs

Der topgesetzte Noavk Djokovic entzauberte den Deutschen Alexander Zverev klar in zwei Sätzen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.