Seit 70 Jahren sind "alle Menschen" - offiziell - "frei und gleich"

Das Palais de Chaillot in Paris, 1948
Das Palais de Chaillot in Paris, 1948APA/dpa
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Am 10. Dezember 1948 wurde der erste Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Paris verkündet.

"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen." So lautet der 1. Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die vor 70 Jahren, am 10. Dezember 1948, von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Palais de Chaillot in Paris verkündet wurde.

Die Erklärung der Menschenrechte war eine direkte Reaktion auf die barbarischen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und den Holocaust. 1946 war die UN-Menschenrechtskommission gegründet worden, deren erste Aufgabe die Erarbeitung eines internationalen Menschenrechtskodex war. Im Jänner 1947 nahm die aus 18 Experten bestehende Kommission unter der Leitung Eleanor Roosevelts, der Witwe des 1945 verstorbenen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, ihre Arbeit auf.

Die Verhandlungen waren aber bereits stark vom Konflikt zwischen Ost und West geprägt. Eleanor Roosevelt musste bald den Plan eines völkerrechtlich bindenden Menschenrechtspaktes aufgeben. Die Einigung auf die rechtlich bindende Form eines völkerrechtlichen Vertrages wurde auf später verschoben. Bei der Verabschiedung der Menschenrechtserklärung gab es zwar keine Gegenstimmen. Allerdings enthielten sich unter anderen die Sowjetunion, Saudiarabien und Südafrika.

Als noch der Schah herrschte

Die erste Welt-Menschenrechtskonferenz fand 1968 in Teheran statt, wo noch der persische Schah herrschte. Die zweite derartige Konferenz wurde von der UNO im Juni 1993 in Wien abgehalten - wenige Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges, allerdings überschattet vom Konflikt in Ex-Jugoslawien. In der damals verabschiedeten "Wiener Deklaration" wurden unter anderem verbesserte Menschenrechte für Frauen, Kinder, Minderheiten und indigene Völker festgeschrieben.

Allerdings enthielt das Schlussdokument nicht den von vielen Staaten geforderten Internationalen Strafgerichtshof. Dieser nahm erst im Juli 2002 seine Tätigkeit auf und ist heute für 60 Prozent aller Staaten zuständig. Die Delegierten aus über 170 Staaten konnten sich in Wien aber immerhin nach einer Marathonsitzung buchstäblich in letzter Minute darauf einigen, der UN-Generalversammlung zu empfehlen, die Schaffung eines Hochkommissärs für Menschenrechte vorrangig zu prüfen - was dann im Dezember 1993 von der UN-Generalversammlung beschlossen wurde.

Die Menschenrechtserklärung von 1948 besteht aus 30 Artikeln. Diese beziehen sich auf die Rechte, die jedem Menschen zustehen sollten, "ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand." Schon die Präambel erklärt als grundsätzliche Absicht "Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt" und bekennt sich zu "Würde und Wert der menschlichen Person und Gleichberechtigung von Mann und Frau".

"Unveräußerliche Rechte"

Zu den Vorläufern der UNO-Menschenrechtserklärung zählen die Declaration of Rights von 1776 im Zuge des Unabhängigkeitskampfes der Vereinigten Staaten sowie die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Nationalversammlung von 1789 im Jahr der französischen Revolution. Grundlage für diese Deklarationen ist das Bekenntnis dazu, "dass alle Menschen gleich erschaffen" und mit "unveräußerlichen Rechten" ausgestattet sind.

Wie weit die Weltgemeinschaft noch immer von den Idealen der vor 70 Jahren verkündeten Menschenrechtserklärung und ihren Vorläufern entfernt ist, ist in der täglichen Berichterstattung der Medien über Kriege, Konflikte, Unterdrückung, Diktaturen, Folter, Ausbeutung, Versklavung, ethnische Säuberungen und weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit ersichtlich.

(APA)

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