ÖBB: "Ich kann so nicht arbeiten"

Interview. Wolfgang Reithofer tritt als ÖBB-Aufsichtsratspräsident zurück. Nicht aus Frust. Sagt er.

Die Presse: Herr Generaldirektor Reithofer, Sie haben dem Verkehrsminister gestern Ihren Rücktritt als ÖBB-Aufsichtsratspräsident bekannt gegeben. Es ist ja kein Geheimnis, dass Sie schon länger mit dieser Funktion - gelinde gesagt - keine Freude hatten. Warum gehen Sie erst im Frühjahr?

Wolfgang Reithofer: Ich sehe keinen Grund, überhastet zu gehen. Die ÖBB haben sich besser entwickelt als ihr Ruf glauben macht. Dass ich noch ein paar Monate bleibe, ist der vernünftigere Weg.

Sehr großzügig für jemanden, der oft den politischen Einfluss in den ÖBB beklagt hat. Und die geplante ÖBB-Strukturreform, die die Tochtergesellschaften entmachten wird, haben Sie auch heftig kritisiert.

Reithofer: Den politischen Einfluss gibt es natürlich. Aber der ist meiner Meinung nach nicht so problematisch wie die Tatsache, dass die Bundesbahnen im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Da werden immer wieder unternehmensinterne Entscheidungen von Oppositionspolitikern in den Medien diskutiert. Ich kann so nicht arbeiten.

Sind Sie mit dem Rücktritt Ihrer Ablöse durch den SP-Verkehrsminister zuvorgekommen?

Reithofer: Ich trage mich in Wahrheit schon seit einem dreiviertel Jahr mit dem Gedanken, den Aufsichtsratsvorsitz zurückzulegen.

Aus Frust?

Reithofer: Nein. So schnell lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Ich habe aber von Anfang an gesagt, dass ich den Job nicht ewig mache. Für mich war das immer eine Aufgabe auf Zeit. Ich finde, man soll so eine Funktion auch nicht zu lange übernehmen. Weil dann setzt ein Gewöhnungsprozess ein. Dabei sind neue Gedanken sehr wichtig. Vor einem dreiviertel Jahr war für mich der Moment gekommen, weil die ÖBB-Reform auf Schiene war. Aber da ist halt der Wahlkampf dazwischen gekommen.

War es rückblickend ein Fehler, als Chef eines börsenotierten Konzerns eine Kontrollfunktion in einem hochpolitischen Staatsunternehmen zu übernehmen?

Reithofer: Fehler würde ich nicht sagen. Es war ja ein interessanter Lernprozess. Die Kulturen beider Unternehmen (Reithofer ist Chef des Ziegelkonzerns Wienerberger, Anm.) sind sehr unterschiedlich. Aber es ist immer gut, auch andere Dinge zu sehen. Ich sehe meine Tätigkeit bei den ÖBB positiv, neutral.

Das klingt nicht nach überbordender Wehmut. . .

Reithofer: Bei jeder Tätigkeit erlebt man Dinge, die einen ärgern oder einen freuen. Manches hat mich bei den ÖBB gefreut, manches nicht. Dass das Image der ÖBB in der Öffentlichkeit so schlecht ist, freut mich zum Beispiel weniger.

Wir dürfen wohl davon ausgehen, dass Sie so einen Job in einem Staatsbetrieb nicht noch einmal machen werden?

Reithofer: Das will ich gar nicht so kategorisch ausschließen. Aber es hängt auch von den Konstellationen ab.


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