Politik und Medien tanzen Drahtseiltango

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Forscherin analysiert Rolle von Zeitungen in EU-Krisen.

Finanzkrise, Brexit, die Verletzung von Rechtsstaatlichkeitsprinzipien – seit zehn Jahren eint Europa vor allem eines: der Krisenzustand. Dessen nimmt sich die Kommunikationswissenschaftlerin Olga Eisele von der Universität Wien in ihrem aktuellen vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Hertha-Firnberg-Projekt an. Sie untersucht, wie die Exekutiven Krisenmanagement betreiben und wie dieses in den Medien bewertet wird. Dazu analysiert sie die Berichterstattung in Irland, Großbritannien, Deutschland und Österreich. „Diese Staaten haben die Krisen unterschiedlich erlebt und sind anders damit umgegangen", so die Forscherin. „Irland hat am meisten gelitten, Deutschland hat viele Geflüchtete aufgenommen, Österreich war eher Transitland und Großbritannien stellt mit dem EU-Austritt die Union gänzlich infrage."

Wenig neutrale Berichte

Eisele nimmt die jeweils drei größten Zeitungen des Landes ins Visier – im Fall von Österreich sind das neben der „Presse" noch „Der Standard" sowie die „Kronen Zeitung". Datenerhebung und -auswertung erfolgen computergestützt. Ein Teilergebnis steht nach der ersten Sichtung des Materials bereits fest: „Es scheint für die letzten zehn Jahre wenig neutrale Berichterstattung über die EU zu geben", so Eisele.

„Tango on a Tightrope", Tango auf einem Drahtseil, lautet der Titel des Projekts, der eine Metapher des Soziologen Herbert J. Gans zitiert: Politik und Medien befinden sich stets in einem intimen Ausverhandeln, wer führen und den Ton angeben darf. „Politische Kommunikation ist ohne Massenmedien nicht vorstellbar", so Eisele. „Doch Medien transportieren Inhalte nicht nur, sondern sie filtern diese aktiv und stellen die Dinge gern konfliktärer dar." (cog)

( "Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2019)

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