Lange war er als Rotlichtviertel und Substandard-Lebensraum verschrien: der Grazer Bezirk Lend. Mittlerweile ist der Wandel nicht mehr zu übersehen. Ob die Erfolgsgeschichte nördlich des Lendplatzes weitergehen wird, entscheidet sich jetzt. Eine Stadtwanderung.
Wenn Narrative über die Entwicklung von Stadtquartieren als touristische Attraktion vereinnahmt werden, so ruft das bei mir Skepsis hervor. Gemeinhin wird der Beginn des Aufschwungs im Grazer Lendviertel am Kulturhauptstadtjahr 2003 und der zeitgleichen Eröffnung des Kunsthauses, das genau an der Grenzlinie zwischen den Bezirken Lend und Gries liegt, festgemacht. Als ehemalige Handwerksquartiere am rechten Murufer, in die über lange Zeit nichts investiert worden war, hatten beide ein eher tristes Dasein gefristet. Gleich hinter der repräsentativen Gründerzeitbebauung am Kai hatte sich eine Nachtclub- und Rotlichtszene etabliert, und frei werdender Substandard-Wohnraum war vor der Jahrtausendwende fast nur mehr an Migranten vermietbar.