Strategieschwächen

Religionsgemeinschaften haben eklatante Strategieschwächen.Was Missbrauch, Karfreitag und die Causa Schwarz eint.

Die abgelaufene Woche hat es in sich gehabt. Sie war von Diskussionen geprägt, in denen Religionsgemeinschaften die Hauptrolle gespielt haben oder Hauptthema waren. Und in denen sich bei aller Unvergleichbarkeit eine Gemeinsamkeit finden lässt: Religionsgemeinschaften erweisen sich als ungeschickt bis unfähig, Anforderungen der Gesellschaft und Prozessen der Politik gerecht zu werden.

Zunächst gab es die Debatte über Missbrauch in der katholischen Kirche und den Krisengipfel im Vatikan. Etliche Bischöfe haben im Vorfeld erfolglos versucht, die hochgepushten Erwartungen zu senken. Selbst Papst Franziskus hat zu Beginn des Treffens vor fast 190 Bischöfen konkrete Maßnahmen verlangt. Am Ende stand eine sehr allgemeine Rede und die Zusage, dass das weitere Vorgehen im Kampf gegen Missbrauch nachgereicht würde. Öffentlich musste übrig bleiben, dass der Gipfel ergebnislos zu Ende gegangen war. Ein absolutes No-Go bei einem derartigen Thema, das seit Jahren ja auch den Vatikan beschäftigt.

Dann war da die nicht ohne Hektik und Polemiken sehr spezielle Diskussion über die Abschaffung des arbeitsfreien Karfreitags für Evangelische und Altkatholiken in Österreich. Dabei wurde klar, dass die evangelische Kirche mit Bischof Michael Bünker an der Spitze von Sebastian Kurz und Co. kalt abserviert wurde. Sie hatte nicht den Funken einer Chance, gegen Türkis-Blau den Karfreitag als Feiertag zu retten. Die Argumente der Wirtschaft haben gesiegt, ob sie tatsächlich stärker waren, entzieht sich der Beurteilung. Denn von evangelischer Seite wurde mehreres verabsäumt: Ausreichend Druck aufzubauen (ohne den geht in der Politik selten etwas); deutlicher klar zu machen, warum der Tag besondere Bedeutung hat; sich zu wehren, von einer Mehrheit überfahren zu werden; klarzumachen, dass ein Kollateralschaden für die vorbildliche Zusammenarbeit der Kirchen nicht auszuschließen ist. Immerhin hat es die Mehrheitskirche verabsäumt, ein Angebot zu machen, einen ihrer Feiertag (Pfingstmontag) für den Karfreitag zu opfern. (Allein in Kärnten hat sich, bemerkenswert, Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger mit dem evangelischen Superintendenten Manfred Sauer dafür stark gemacht.) Auch Anläufe der Bischofskonferenz für eine interreligiöse Lösung, der Feiertage für Muslime wie Juden einschließt, sind nicht überliefert.

Schließlich flammte ein neuer Streit in der katholischen Kirche Kärntens im Fall Bischof Schwarz auf. Der ist bizarr, geht es doch um eine Gebetsstunde, zu der der päpstliche Visitator eingeladen war. Interims-Chef Guggenberger lehnt dankend ab, er will zuerst Ergebnisse der Visitation sehen. Nur: Ergebnisse werden an Rom übermittelt. Und bleiben üblicherweise geheim. Verstanden wird das nicht einmal von der innerkirchlichen Öffentlichkeit.

Religionsgemeinschaften leben in keinen geschützten Reservaten. Sie sollten das endlich begreifen.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2019)

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