Von Mimosen und unsinnigen Donnerstagen

Über den Faschingshöhepunkt in Südtirol und italienische Traditionen.

Es ist eine durchaus sympathische Eigenschaft Wiens, zumindest, wenn Sie mich fragen, dass man sich hier auf die wesentlichen Dinge des Faschings konzentriert: den hemmungslosen Krapfenverbrauch (wobei wir noch über das Verhältnis Marmelade- vs. Cremefüllung reden sollten). Ansonsten wäre die Faschingszeit dieses Jahr eher unbemerkt an mir vorübergegangen, hätte mich die Familie in Südtirol nicht mit Fotos und Videos ihrer Kostüme versorgt. Getragen wurden sie natürlich am unsinnigen Donnerstag, was unter den Kollegen für verwirrte Gesichter sorgte. Eine schnelle Internetrecherche klärt auf: In Bayern, Tirol und Südtirol wird der Donnerstag vor dem Aschermittwoch so bezeichnet, wobei man je nach Region auch schmotziger Dunschtich, schmotziga Dorschdich, schmotziger Dauschtich, dicker Donnerstag, Gombadonnerschdag, gumpiger Dunschtig oder lumpiger Donnerstag dazu sagen kann. Schmutzig, fettig, weil es dann eben auch so viel schweres Essen gibt. Die Kollegen abseits Tirols eskalieren dann ein paar Tage später, am Faschingsdienstag. So wie auch in vielen italienischen Orten südlich von Südtirol.

Falls Sie zufällig in Italien unterwegs sind, wundern Sie sich heute möglicherweise über all die Mimosen. Nein, jetzt kommt kein verspäteter, schlechter Faschingsgag über Männer aus dem Süden. Im Nachbarland werden die gelben Blumen zum internationalen Frauentag verschenkt – nicht von Männern, sondern von Frauen untereinander: Der Brauch etablierte sich langsam nach dem Zweiten Weltkrieg und geht auf Widerstandskämpferinnen zurück. Die vielen kleinen gelben Blüten sollen für Solidarität und Zusammenhalt stehen. Außerdem waren die Blumen saisonal und kostengünstig, bis die Preise dafür am Frauentag in die Höhe gingen. Das ist aber wieder ein anderer Unsinn.

E-Mails an: iris.bonavida@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2019)

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