Die kulturelle Vielfalt der Schimpansen ist bedroht

APA/AFP/ROSLAN RAHMAN
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Je näher an den Menschen sie leben, umso ärmer ist ihr Verhalten.

Sie knacken Nüsse mit Hämmern und Ambossen aus Stein; sie jagen mit Speeren; sie machen aus Blättern Schwämme, um Wasser aufzusaugen; sie fischen mit Stöckchen nach Termiten: Keine Frage, Schimpansen verwenden Werkzeuge. Doch das allein würde auch für Biologen nicht unter den Begriff „Kultur“ fallen. Wann bezeichnen sie Verhaltensweisen als Kultur? Wenn diese durch soziales Lernen weitergegeben werden – von Generation zu Generation, aber auch unter Angehörigen derselben Generation – und sich von Population zu Population, von Region zu Region unterscheiden.

Überspitzt gesagt: Kultur ist, wenn es unterschiedliche Kulturen gibt. Und genau die gibt es bei Schimpansen. Forscher um Hjalmar Kühl (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig) katalogisierten 31 Verhaltensweisen wie die oben genannten, aber auch etwa das Baden in Teichen, in 144 Gruppen wild lebender Schimpansen in 15 Ländern weltweit, teils durch Auswerten existierender Literatur, teils durch neue Feldforschung (Science, 7. 3.).

Dann untersuchten sie den Einfluss der menschlichen Zivilisation auf die Schimpansenkulturen – und sahen ihre These bestätigt: Je näher an Menschen und deren Straßen und Siedlungen die Affen lebten, umso ärmer war ihr Verhaltensspektrum. Das mag daran liegen, dass sie aus Angst vor Jägern auffälliges Verhalten vermeiden, oder daran, dass die Weitergabe von Traditionen gestört wird. Man sollte die Bemühungen um Erhaltung der Biodiversität um das Verhalten von Tieren erweitern, meint Kühl – und schlägt vor, „Chimpanzee culture heritage sites“ zu schützen. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2019)

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