Büros: Alt ist plötzlich wieder attraktiv

Günstige Objekte aus den 60er- und 70er-Jahren bekommen eine zweite Chance. Allerdings nur, wenn sie grundsätzliche Ansprüche der Mieter erfüllen können.

Für günstige Flächen ist es zurzeit leichter, Mieter zu finden. Experten bestätigen, dass Interessenten von Büroimmobilien sich bevorzugt im unteren Preissegment umsehen. „Auf den obersten Bereich ab 15 Euro fallen nur mehr rund fünf Prozent der Neuvermietungen“, schätzt Michael Ehlmaier, Geschäftsführer des Immobilienunternehmens EHL. Schon Ende des Vorjahres war der Trend zum mittleren und unteren Preissegment erstmals spürbar. Und die Tendenz hält nach wie vor an. Büros, die bereits in die Jahre gekommen sind, bekommen infolge dieser Entwicklung eine zweite Chance: „Für Gebäude, die nicht State of the Art sind, sehen wir derzeit ein Revival, wenn auch auf niedrigem Niveau“, beschreibt Johann Kowar, Vorstand der conwert Immobilen, eine der Auswirkungen der aktuellen wirtschaftlichen Situation auf den Büromarkt.

Die Preise von älteren Objekte liegen oftmals deutlich unter denen eines Neubaus. Die Gründe liegen auf der Hand: Wer die günstigere Variante wählt, muss in der Regel Abstriche bei der Qualität machen, bei der Ausstattung und der Lage ebenso wie bei der äußeren und inneren architektonischen Qualität des Gebäudes.

Während sich in konjunkturell besseren Zeiten Unternehmen gerne gut ausgestattete Büros leisten, konzentrieren sich die Führungsetagen bei ihren Mietentscheidungen auf die möglichen Einsparungspotenziale. Zwar stoßen auch Sparmaßnahmen irgendwann an ihre Grenzen, doch wer heute schon billig mietet, wird sich vermutlich auch weiterhin bescheiden. „In Zeiten wie diesen überlegen es sich viele Firmen dreimal, ob sie aus einem veralteten Büro ausziehen“, meint Kowar.

Neuer Verhandlungsspielraum

Bei auslaufenden Verträgen ergibt sich die Möglichkeit, die Bedingungen neu auszuverhandeln. Zum Beispiel sind kürzere Vertragslaufzeiten möglich. Um die Lust der Mieter auf langfristige Bindungen anzuregen, werden derzeit auch verstärkt Mietrabatte gewährt. Die Betriebskosten bleiben ebenfalls ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung für Büroflächen – das bestätigt auch Peter Pechar, Leiter des Investmentbereiches bei der ECO Business-Immobilien AG: „Mehr als ein oder zwei Euro sollten die Betriebskosten für die meisten Mieter heutzutage nicht ausmachen.“

Überall dort, wo die Gefahr besteht, dass Einsparungen durch die Miete von anderweitigen Kosten aufgefressen werden, machen Mietinteressenten oft vor der Vertragsunterzeichnung noch einen Rückzieher. Für manche Büroobjekte, die aus den Sechziger- und Siebzigerjahren stammen, scheint darum trotz geringer Mieten die Stunde der Wahrheit gekommen. „Abgewohnte Hochhäuser, die auch noch ungünstig liegen, werden eher gemieden“, meint Pechar, „weil dort letztlich alles in einem negativen Betriebsklima mündet“. Seine grundlegenden Funktionen müsse das Gebäude noch zufriedenstellend erfüllen können.

Wenn Objekte hingegen zu viele Mängel hätten, würden die Vermieter unter Druck geraten, wie Michael Ehlmaier von EHL meint: „Die Suche nach Nachmietern gestaltet sich ohne umfassende Generalsanierung nach dem modernsten Stand der Technik zunehmend als schwierig.“ Darüber hinaus seien auch entsprechende Marketingaktivitäten notwendig, um das Interesse anzukurbeln.

Alt, aber nicht von gestern

Büros, die unsaniert auf bessere Zeiten hoffen, hätten wenig Chancen auf dem Markt. Kowar nennt dafür konkrete Gründe: „30 Jahre alte Gebäude verlieren oft durch die Raumaufteilung an Attraktivität. Nicht selten herrscht dort auch ein Klima, das krank macht.“ Die Mietpreise solcher Objekte würden deshalb zum Teil auf die Hälfte jener von Neubauten sinken. „Diverse Schulungsunternehmen, die größere Flächen brauchen, greifen auf wirkliche Billigbüros unter neun Euro zurück“, berichtet Ehlmaier aus der Maklerpraxis. Ansonsten halte sich die Nachfrage nach derartigen Objekten in Grenzen.

In jedem Fall sollten sich mögliche Interessenten über ein paar Kriterien Gedanken machen, empfiehlt Ehlmaier. Etwa über die Akustik, die Belichtung und das Raumklima. Auch Räume für Besprechungen und Server müsse man einplanen. Insbesondere Nachteile in der Lage oder die Erreichbarkeit eines Büroobjekts könnten auch durch niedrige Kosten nicht kompensiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2010)

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