Abschied einer Wegbereiterin

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FBL-EURO-2017-WOMEN-AUS-SUIAPA/AFP/DANIEL MIHAILESCU
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Österreichs Nationalteam muss in Zukunft ohne seine Rekordspielerin auskommen. Nina Burger, 31, feierte schon Erfolge, als im Frauenfußball vor allem Eigeninitiative gefragt war.

Wien. Nach fast 14 Jahren ist für Nina Burger der Moment gekommen, einen Schlussstrich zu ziehen. Das Freundschaftsspiel mit dem Nationalteam gegen Schweden am Dienstag nächste Woche (19.10 Uhr, live ORF Sport+) in der Südstadt wird das letzte ihrer Karriere sein. Die Rekordinternationale verkündete ihren Rücktritt am Montag bei einer Pressekonferenz, bei der die ÖBB als neuer Sponsor der ÖFB-Frauen vorgestellt wurden. „Es war eine längere Überlegung. Ich habe zuletzt körperlich nicht mehr 100 Prozent erreicht, damit bin ich selbst nicht zufrieden“, erklärte die 31-Jährige und hatte beim Ansehen des Videos mit Toren und Stimmen von Wegbegleitern Tränen in den Augen.

Seit vergangenem Jahr hat Burger immer wieder mit kleineren Verletzungen zu kämpfen, ihren auslaufenden Vertrag beim deutschen SC Sand wird sie deshalb nicht mehr verlängern. „Natürlich ist Herzschmerz dabei, aber der Zeitpunkt fühlt sich richtig an“, betont sie, den Platz im ÖFB-Sturm rechtzeitig vor der im Herbst startenden EM-Qualifikation an die nächste Generation übergeben zu wollen. Sie selbst wird ihre Karriere bei Stammklub Neulengbach ausklingen lassen und auch bereits im Betreuerstab mitwirken.

Mehr ÖFB-Tore als Polster

Mit „Nina Burger Superstar“-Rufen feierten die übrigen ÖFB-Frauen am Montag eine Leistungsträgerin und Führungsspielerin. Die Niederösterreicherin debütierte im September 2005 unter Ernst Weber, in bislang 108 Einsätzen hat Burger 53 Tore erzielt. Niemand trug das ÖFB-Trikot häufiger und traf öfter – nicht Andreas Herzog (103 Spiele), nicht Toni Polster (44 Tore). Unter Dominik Thalhammer war sie bis zuletzt als einzige Ü30-Feldspielerin eine Konstante im Kader und entstammt jener Zeit, als es für Fußballerinnen in Österreich kein Zentrum in St. Pölten gab und neben Talent allen voran Wille und Eigeninitiative Karrieren prägten. Von Stolz als Wegbereiterin möchte Burger in der ihr typischen Bescheidenheit nicht sprechen, doch habe sie des Öfteren das Gespräch mit jüngeren Spielerinnen gesucht, um ihnen den Wert der heute vorhandenen Möglichkeiten bewusst zu machen. „Ich weiß, wie es damals war und heute ist, und habe zu dieser Entwicklung beigetragen. Das freut mich sehr für die Jungen“, betont sie.

Burger selbst hatte als Kind mit ihren Brüdern im Garten und beim lokalen SV Hausleiten dem Ball nachgejagt, im Fußball fand sie nach dem frühen Tod ihrer Mutter Halt und Geborgenheit. Mit 17 wechselte die Stürmerin zum damaligen Serienmeister Neulengbach, feierte in neun Jahren ebenso viele Ligatitel, sieben Cupsiege und führte den Klub 2014 ins Viertelfinale der Champions League. Über 300 Treffer stehen aus diesen Jahren zu Buche, sechsmal sicherte sie sich die heimische Torschützenkrone. All das vollbrachte Burger im Grunde genommen in ihrer Freizeit, denn im Hauptberuf arbeitete sie als Polizistin im neunten Wiener Gemeindebezirk.

EM-Premiere als Highlight

Nach einem halbjährigen Leihgastspiel beim US-Klub Houston Dash wagte Burger 2015 endgültig den Wechsel ins Profi-Lager. Die EM-Chance mit dem Nationalteam vor Augen wollte auch sie sich noch einmal pushen, das nächste Level erreichen. Sie ließ sich also bei der Polizei karenzieren und heuerte beim SC Sand in der deutschen Bundesliga an. Mit den ÖFB-Frauen bejubelte sie die EM-Premiere 2017 in den Niederlanden und dort den sensationellen Halbfinaleinzug. Beim Auftaktsieg gegen die Schweiz erzielte sie den historischen ersten Treffer Österreichs bei einem Großereignis – einer der prägendsten Momente ihrer Karriere. „Es gab viele kleinere Erfolge, aber die EM und das Tor sind die Spitze des Erfolgs“, sagt sie.

Der erhoffte Traum einer WM-Teilnahme sollte sich für Burger nicht erfüllen, das 109. Länderspiel wird somit ihr letztes sein. Nach vier Jahren in Deutschland freut sie sich auf mehr Zeit mit der Familie und darauf „nicht mehr alles voll und ganz dem Fußball unterzuordnen“. Über ihre berufliche Zukunft hat die 31-Jährige im Detail noch nicht entschieden, dem Fußball wird sie treu bleiben. „Ich mache Trainerausbildungen und könnte mir etwas im Bereich Fitness- oder Mentalcoaching vorstellen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2019)

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