Nun muss sich Europa für die Handelskonfrontation rüsten

APA/AFP/GUILLAUME SOUVANT
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Den Europäern könnte der lange Atem der Chinesen im Handelsstreit noch zu Gute kommen. Sie könnten schon bald Hauptziel der Trump'schen Zollkeule sein.

Kaum war die chinesische Delegation am Samstag nach einer weiteren ergebnislosen Runde im Handelsstreit abgereist, stieß US-Präsident Donald Trump eine weitere Twitter-Tirade gegen Vizepremier Liu He und sein 100-köpfiges Team los: Er warf ihnen eine Verzögerungstaktik in den Gesprächen vor. Die Chinesen hätten sich wohl bei den jüngsten Verhandlungen „so schwer geschlagen“ gefühlt, dass sie die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr und einen demokratischen Wahlsieger abwarten wollten.

Doch schon zuvor wusste Trump das chinesische Gegenüber vor aller Welt zu erniedrigen. Noch während er die jüngste Zollerhöhung verdauen musste, schmetterte der „Deal-Maker“ Peking gleich die nächste Drohung entgegen: Trump will die Sonderzölle auf alle verbliebenen Importe aus China ausweiten. Das wären Waren im Wert von 300 Milliarden Dollar.

Der US-Präsident verliert die Geduld mit seinem Rivalen aus Fernost. Und um seine Forderungen nach einer chinesischen Marktöffnung durchzusetzen, wettet er auf Eskalation. Doch Peking zeigt keine Anstalten nachzugeben: „Testet nur unsere Fähigkeiten“, sagte Liu He nach den gescheiterten Gesprächen. „Wir haben keine Angst vor Schwierigkeiten.“

Und so paradox es klingt – Europa könnte der lange Atem der Chinesen noch zu Gute kommen. Zwar werden die Folgen des monatelang währenden Schlagabtauschs zwischen den zwei größten Volkswirtschaften der Welt bereits sichtbar: Internationale Organisationen von WTO bis IWF warnen vor den Risiken für das globale Wirtschaftswachstum. Und die EU hat selbst ein Interesse, dass Peking sich als Konkurrent auf der Weltbühne an die gleichen Regeln wie alle hält. Der Diebstahl geistigen Eigentums, große Hürden für europäische Unternehmen in China, die WTO-Einstufung als Entwicklungsland, Pekings wachsender politischer Einfluss - all das hat Brüssel erst vor Kurzem dazu veranlasst, China als „wirtschaftlichen Wettbewerber“und „systemischen Rivalen“zu bezeichnen.

Doch muss sich Europas Wirtschafts- und Politelite eines bewusst sein: Während sie sich das Spektakel derzeit noch erste Reihe fußfrei ansieht, könnte sie schon bald bald Hauptprotagonist des Trump'schen Handelsdramas sein. Ist der chinesische Albtraum erst einmal zu Ende, wird sich der US-Präsident seine Zollkeule den Europäern - allen voran der Autoindustrie - entgegen schwingen.

Die nächste Deadline steht am 18. Mai an. Bis dahin muss Trump entscheiden, ob er Zölle auf importierte Fahrzeuge und Fahrzeugteile aus der EU einführen lässt oder nicht. Am meisten betroffen wäre zwar Deutschland: Zölle in der Höhe von 25 Prozent würden deutsche Fahrzeug-Exporte in die USA um fast 50 Prozent einbrechen lassen, rechnet das Münchner Ifo-Institut vor. Doch auch auf die österreichische Fahrzeugindustrie hätten US-Autozölle wohl gravierende Auswirkungen. Von einem Verlust von fast einer halben Milliarde Euro jährlich für die Branche ist die Rede.

Je hartnäckiger China also bleibt, desto mehr Zeit bleibt Europa, einen eigenen Schlachtplan für die Handelskonfrontation zu entwickeln.

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