USA setzen Öl als Waffe gegen Iran ein

Die USA rüsten nicht nur ihre Erdölvorräte auf. Sie haben auch ihren Flugzeugträger Abraham Lincoln ins Arabische Meer verlagert.
Die USA rüsten nicht nur ihre Erdölvorräte auf. Sie haben auch ihren Flugzeugträger Abraham Lincoln ins Arabische Meer verlagert.(c) REUTERS (HANDOUT)
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Die Ölminister müssen entscheiden, wie es zwischen Handelskrieg und Iran-Sanktionen mit den Förderungen weitergehen soll. Donald Trump setzt an beiden Fronten auf Eskalation.

Wien. Iraks Ölminister Thamer Ghadban war am Sonntag äußerst schlecht auf den US-Konzern Exxon zu sprechen. Es sei inakzeptabel und ungerechtfertigt, dass dieser alle 60 ausländischen Mitarbeiter von seinem Ölfeld im Süden des Landes abgezogen habe. Eines wolle er klarstellen: Der Abzug sei politisch motiviert und habe nichts mit der Sicherheitslage zu tun.

Die jüngste Eskalationsspirale am Persischen Golf lässt an dieser Lesart zweifeln. Nicht nur zieht US-Präsident Donald Trump seit dem Ausstieg aus dem Atomdeal mit dem Iran vor einem Jahr die Sanktionsschraube gegen das Land immer weiter an – und schnitt es Anfang Mai von seinen letzten Erdölkunden ab. Auch stationierten die USA gerade einen Flugzeugträger, Langstreckenbomber und Flugabwehrraketen in der Region. Begründet wurde das mit der Bedrohung durch vom Iran unterstützte Kräfte. Das Bild trübt auch der Angriff auf eine der wichtigsten Ölpipelines des Opec-Mitglieds Saudiarabien diese Woche. Das Land macht ebenfalls seinen Rivalen Iran für den Drohnenangriff verantwortlich. Am Persischen Golf kriselt es und das ist normalerweise eine schlechte Nachricht für den Ölpreis, den geopolitische Konflikte unter den Anrainerstaaten in die Höhe treiben. Doch die europäische Referenzsorte Brent schloss mit 72,66 Dollar am Freitag den für gesund befundenen Rahmen.

Den Grund sehen Experten zum einen in den stark gestiegenen Fördermengen der USA, die Russland und Saudiarabien als weltgrößten Ölförderer abgelöst haben. Durch die Produktion im eigenen Hinterhof verringert Trump die Abhängigkeit von ausländischen Quellen und kann seine harte Linie am Golf ohne direkten wirtschaftlichen Schaden weiterfahren. Zusätzlich drückt der Handelskonflikt zwischen den USA und China auf den Preis – auch hier gibt es kein Anzeichen von Beruhigung. In der Vorwoche kündigte Trump an, den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei – für die US-Regierung der Inbegriff des unliebsamen Kontrahenten – auf die Sanktionsliste zu setzen. Daraufhin griff man in Peking am Wochenende zum Telefon: Außenminister Wang Yi habe seinem Amtskollegen Mike Pompeo erklärt, die USA dürften nicht „zu weit“ gehen, hieß es aus China. Die jüngsten Beschlüsse der US-Regierung hätten den Interessen des Landes und seiner Wirtschaft geschadet. Wang habe Verhandlungen auf Augenhöhe gefordert. In Washington wurde nur bestätigt, dass ein Telefonat stattgefunden habe.

Der Iran, der unsichtbare Gast

Vor dieser Kulisse trafen sich die Opec-Mitglieder mit erdölfördernden Partnern wie Russland am Sonntag zur sogenannten Opec+-Runde in der saudiarabischen Stadt Jeddah. Ziel war es, eine Linie inmitten der geopolitischen Verstimmungen zu formulieren. Nicht zugegen war das Gründungsmitglied Iran. Es dürfte das Gespräch als unsichtbarer Gast aber dennoch dominiert haben, ging es doch um die Frage, ob die Produktionsdrosselung über den Juni hinaus fortgesetzt werden soll. Das Ölkartell hatte das gemeinsam mit seinen Partnern im Dezember beschlossen, um den Preis zu stützen – eine Aufhebung bräuchte aber formal die Einstimmigkeit aller Mitglieder. Und die, sagen Analysten, wird der Iran nicht geben.

Das Treffen in Jeddah war die Trockenübung für den Junigipfel in Wien, bei dem alle Akteure mit ihren sehr unterschiedlichen Wünschen aufeinandertreffen werden. Es dürfte ein hartes Treffen werden, vor dem einiges Unbekannte zu klären ist: Wie sehr hält sich China als wichtigster Erdölabnehmer des Irans wirklich an die US-Sanktionen? Das scheint bisher unklar. Und wie weit trauen sich die anderen – vor allem Russland und Saudiarabien – den Ölhahn aufzudrehen, ohne einen Preisverfall zu riskieren und die überspannten Opec-Beziehungen zu zerreißen?

Der Iran scheint wenig Rückendeckung zu erwarten. Schon Anfang Mai, als die USA dem Land mit den Sanktionen die letzten Öleinnahmen abdrehen wollten, prophezeite der Ölminister: Die Opec steuert auf den Kollaps zu. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2019)

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