Italienische Villen: Familiensitze mit Geschichte

Die Villa der italienischen Designerfamilie Alessi am Lago Maggiore.
Die Villa der italienischen Designerfamilie Alessi am Lago Maggiore.(c) Engel & Völkers Laveno
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Nah an Berg und See: Gefragte Unternehmer- und Promi-Domizile in Oberitaliens Nobelorten, die derzeit den Besitzer wechseln.

Boote treiben auf dem ruhigen Wasser. Etwas Schnee liegt noch auf dem Berg Mottarone, Rhododendren, Azaleen und Palmen säumen die Hügel, die den Lago Maggiore einschließen. „Noch immer leben hier Kapuzinermönche", erzählt der Bootsmann, während er auf ein Kloster aus dem zwölften Jahrhundert an einem steilen Berghang über dem mittelblauen Wasser deutet. Vom Boot aus offenbart sich ein herrlicher Blick auf die Region.

Der See ist eine der Perlen Oberitaliens. Südlich der Alpen gelegen, ist er mit 70 km Länge der zweitgrößte Italiens. Zwar ist er nicht ganz so exklusiv wie sein Bruder, der Lago di Como. Vielleicht ist es aber gerade diese Unaufdringlichkeit, weswegen der Lago Maggiore Menschen mit Vermögen anzieht. Auch die Lage unweit des Mailänder Flughafens wird nicht unwesentlich sein. Flavia Dutto von Engel & Völkers weiß: „Die Leute wollen Ruhe und trotzdem nah an der Stadt sein."

Der Großteil der Käufer kommt aus dem Ausland. Vorwiegend Unternehmer aus Deutschland, der Schweiz und England erwerben die Villen, um sie dann vorwiegend als Ferien- und Wochenendhäuser zu nutzen.

Eine dieser Villen steht in Verbania, am Nordufer des Lago Maggiore. Noch gehört sie der berühmten Unternehmerfamilie Alessi. Gebaut hat sie ein ebenso berühmter Freund der Familie auf deren ausdrücklichen Wunsch: Aldo Rossi sollte die Villa entwerfen und die Leidenschaft des Hausherren für Boots- und Schifffahrt aufgreifen. Rossi erfüllte Alessis Wunsch im Jahr 1989 – mit Runddecken, kajütenähnlichen Zimmern und viel Holz im gesamten Objekt. Seit anderthalb Jahren steht die Familienvilla nun für sieben Millionen Euro zum Verkauf. Schließlich lebe ein Teil der Familie in Milano, die erwachsenen Kinder studierten in London, erzählt der Besitzer, während er durch die Villa führt. Schon der Eingang, eine massive steinerne Türöffnung, die von zwei enormen Granitkolonnen gestützt wird, beeindruckt. Auf 560 Quadratmetern Wohnfläche verteilen sich vier Schlaf- und fünf Badezimmer. Jedes Fenster der Hauptfassade und der Loggien mit Terrakotta-Balustraden bietet direkte Aussicht auf den See und die Borromäischen Inseln. Außerdem bietet das 2250 Quadratmeter große Grundstück einen Garten mit großer Sonnenterrasse und direktem Seezugang, einen eigenen Bootssteg und zwei Garagen. Über vier Stockwerke streckt sich das Gebäude, das durch Materialien wie toskanischen Terracotta, Marmor und amerikanische Kirsche besticht.

Exklusive Fabriksgemäuer

Ortswechsel zum Lago di Como: George Clooney hat ihn sich zum Ferienwohnsitz auserkoren. Dieser See ist für seine langen, geradlinig verlaufenden Ufer und seine enge alpine Seite im Norden bekannt. Clooneys Villa Oleandra ist dabei nur eine der zahlreichen beeindruckenden Palazzi am Westufer des Lago di Como. Dort, zwischen Como und Griante, ist der See ruhig und nobel, hier reihen sich Luxushotels und beeindruckende Palazzi aneinander.

So auch der Familiensitz einer weiteren berühmten Unternehmerfamilie: Die Villa La Filanda der Seidenhersteller Mantero. Die historische Seidenfabrik wurde bis zu deren Schließung im Jahr 1932 für die Produktion und den Verkauf von Seide sowie als Lagermöglichkeit genutzt. Als der Großvater der Familie, Riccardo Mantero, das Gebäude im Jahr 1946 kaufte, entschloss er sich dazu, die Fabrik in den 1960er-Jahren zur Villa umzufunktionieren. Der Charakter der einstigen Fabrik blieb jedoch erhalten, noch heute erinnern große Räume und zahlreiche Kamine an die Vergangenheit als Produktionsstätte. Auf 1400 Quadratmetern Grundfläche verteilen sich im Haupthaus drei Schlaf- und drei Badezimmer, Büros, eine Küche und sogar eine Taverne. Das Nebengebäude ist in neun unabhängige Wohneinheiten geteilt. Sie dienten eins als Büros für Angestellte und bieten nun als Gästewohnungen Platz für insgesamt 62 Personen. Um 15 Millionen Euro stehen die Villa plus das zugehörige Nebengebäude zum Verkauf.

Von Werft zu Luxusobjekt

Nachgefragt wird auch hier vor allem aus dem Ausland: Engel & Völkers zufolge handelt es sich bei den Käufern am Lago di Como größtenteils um Deutsche, Schweizer und Amerikaner. Das bestätigt der Besitzer der Breakwater-Villa in Griante am Westufer des Comer Sees. Betritt man das Gebäude, so offenbart sich auf 1400 Quadratmetern Wohnfläche und insgesamt 1000 Quadratmetern Terrasse ein atemberaubender Blick auf den See. Gegenüber dem Vorgebirge von Bellagio – mit den Dolomitenmassiven im Hintergrund – gelegen, besticht das Objekt durch einen lang gezogenen loftartigen Wohn- und Essbereich. Die fünf Meter hohen, dunkel umrahmten Fensterfronten ermöglichen einen ungehinderten Blick auf die Naturkulisse.

Die Villa Breakwater wurde 1921 von den Bootsherstellern Cranchi erbaut und war bis 1960 eigentlich eine Werft. An diese Ursprünge erinnern noch heute die Außenwände und Stützen. 2014 wurde die ehemalige Bootswerft dann vom jetzigen Besitzer, einem holländischen Unternehmer, umgebaut. Er ließ sich durch seine Auslandsaufenthalte zum Design der Villa inspirieren – so erinnern etwa hölzerne Deckenverkleidungen an das New Yorker Gramercy Park Hotel. Materialien wie Eiche, Zement und Stahl ziehen sich als Thema durch alle Räume. „Mir war es wichtig, skandinavische Naturmaterialien zu verwenden und trotzdem den rauen Industrial-Design-Charakter zu bewahren", erzählt der Eigentümer.

Auf drei Stockwerken finden sich sieben Gästesuiten, die private Suite des Besitzers sowie ein High-End-Spa mit türkischem Bad. Außerdem Teil der Immobilie sind eine Bootsanlegestelle und ein exklusiv zu nutzender Strand. Der Unternehmer verbringt rund vier Monate pro Jahr in der Villa – in der übrigen Zeit des Jahres wird sie vermietet: um rund 60.000 Euro pro Woche, derzeit vorwiegend an Amerikaner. Im Preis inkludiert ist nicht nur die traumhafte Lage, sondern auch das Personal, vom Koch über den Masseur bis zum privaten Concierge.

Zum Ort

Die oberitalienischen Seen erfreuen sich mit ihrem milden Klima im Luxussegment großer Beliebtheit. Am Lago Maggiore bewegen sich die Quadratmeterpreise in Orten wie Stresa und Cannobio zwischen 2800 und 3300 Euro. Die Kosten von Luxus-Objekten am Lago di Como belaufen sich auf bis zu 20 Millionen Euro. Zu den begehrtesten Lagen am Comer See zählt die Westküste zwischen Cernobbio und Menaggio.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2019)

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