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Andreas Bergthaler: Die Macht des Virus entschlüsseln

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Infektionserkrankungen. Andreas Bergthaler will wissen, welche Mechanismen in Krankheitserregern und im Körper entscheiden, ob man krank wird oder nicht.

Nur weil ein Virus sich im Körper ausbreitet, heißt das noch nicht, dass man davon krank wird. Die Forschungsgruppe von Andreas Bergthaler am Zentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften in Wien will herausfinden, was genau in den Zellen geschieht, wenn ein Virus oder ein anderes Pathogen eine Krankheit auslöst. Es sind nicht nur die Zellen des Immunsystems involviert, sondern auch der Stoffwechsel und vieles mehr. Manche Menschen sind eher anfällig für Krankheiten, andere weniger. „Wir haben in den letzten Jahren der Forschung gesehen, dass das Wechselspiel zwischen Virus und Wirt viel komplexer ist als bisher angenommen“, erklärt Bergthaler, der in der Kategorie Forschung als Österreicher des Jahres nominiert ist.
Der Oberösterreicher hat Veterinärmedizin in Wien studiert, aber schnell erkannt: „Die Jagd nach neuen Erkenntnissen fasziniert mich mehr als der Alltag in der Ordination.“ Daher ging er schon während des Studiums für Forschungspraktika ins Ausland, arbeitete in Edinburgh, Tokio, Kopenhagen oder im Zoo von Barcelona. „So wurde ich vom Forschungsvirus angesteckt“, erzählt er. Aufgeblüht ist sein Forschergeist während der Dissertation an der Universität Zürich bei dem Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel. „Diese Freiheit im Umgang mit der Wissenschaft und dass alle Professoren zugänglich und offen für neue Ideen sind, war beeindruckend und prägend“, erinnert er sich. Wie aus reiner Grundlagenforschung auch klinische Anwendungen hervorgehen, erfuhr Bergthaler in der Schweiz, als er eine Firma mitgründen konnte, die nun Immuntherapien für Krebs und Infektionen entwickelt. 2019 ging diese Firma in den USA an die Börse.

Nach drei Jahren in den USA am Institute for Systems Biology in Seattle kehrte Bergthaler nach Österreich zurück, um am CeMM seine eigene Gruppe aufzubauen – die er genauso offen hält, mit dem Ideal der freien Forschung.

Sein Team fand nun einen bisher unbekannten molekularen Mechanismus, der erklärt, warum Patienten, die vom Grippevirus Influenza infiziert sind, eine erhöhte Anfälligkeit für bakterielle Superinfektionen und Lungenentzündungen haben. Bei Fällen von viraler Hepatitis konnten die Wiener Forscher zeigen, wie die Leberzellen geschädigt werden. Besondere Aufmerksamkeit erhielt das jüngste Ergebnis über Kachexie im Mai dieses Jahres. Kachexie beschreibt die mysteriöse Folgeerkrankung von Krebs, HIV oder Tuberkulose, bei der die Patienten stark abmagern und auch bei erhöhter Zufuhr von Nährstoffen nicht mehr Gewicht zulegen. Bergthalers Team zeigte, dass die T-Killerzellen, eine Gruppe von Immunzellen, in dieser Krankheit stark involviert sind. „Jetzt untersuchen wir, was die Unterschiede dieser Kachexie-Auslöser bei Krebs und bei Infektionen sind.“

Wenn Bergthaler, der mit seiner Frau derzeit die zweite Tochter erwartet, genug hat von der Arbeit im Labor und am Computer, geht er gern in die Natur – etwa zum Schwammerlsuchen – oder „klimpert zu Hause am Klavier“. (vers)

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