Gastkommentar

Die Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag – entbehrlich oder notwendig?

NATIONALFEIERTAG 2011: REKRUTEN DES BUNDESHEERS
NATIONALFEIERTAG 2011: REKRUTEN DES BUNDESHEERSAPA/ANDREAS PESSENLEHNER
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Es ist wichtig, dass eine Armee die Möglichkeit hat, sich zu präsentieren. Nicht zuletzt, weil sich die österreichische Bevölkerung zu wenig über das Bundesheer informiert fühlt.

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Als Minister Starlinger kurz nach seinem Amtsantritt im Juni 2019 die Durchführung der Airpower und der Leistungsschau des Bundesheeres am Nationalfeiertag in Frage stellte, war die Aufregung groß. Nur die Angelobung von Rekruten und eine Kranzniederlegung sollte aufgrund der äußerst angespannten Budgetsituation durchgeführt werden. Das Bundesheer stehe finanziell „mit dem Rücken zur Wand“, wie der Sprecher des Bundesheeres korrekterweise betonte.

Die Veröffentlichung der prekären Budgetsituation des Verteidigungsressorts führte zur öffentlichen Diskussion und letztlich zum politischen Entschluss, zwar eine Leistungsschau abzuhalten, diese allerdings im Vergleich zu den letzten Jahren wesentlich zu reduzieren. Damit würden einerseits Einsparungen gegenüber den ursprünglichen Planungen erzielt und andererseits die interessierte Öffentlichkeit über das Bundesheer informiert werden. Kritiker führen an, dass die Zurschaustellung und Verherrlichung von Gewalt vor allem für Familien und Kinder extrem problematisch seien. Außerdem wird die Veranstaltung des Bundesheeres mit der Argumentation, dass das Bundesheer keiner Werbung bedürfe, da es gesetzmäßig in Stein gemeißelt sei, in Frage gestellt. Ist die Leistungsschau damit notwendig oder eben entbehrlich?

Seit 1995 gibt es die Leistungsschau des Bundesheeres zum Nationalfeiertag, der auch als Geburtstag der österreichischen Streitkräfte gilt. Damals und 2005 wurde sogar eine Parade entlang der Ringstraße abgehalten. Seither geht man es wieder ruhiger an und stellt Heeresgroßgerät wie Panzer und Hubschrauber am Heldenplatz aus. Information der österreichischen Bevölkerung zählt wohl kaum zu den Hauptaufgaben des Bundesheeres. Das Bundes-Verfassungsgesetz sieht als Hauptaufgabe die militärische Landesverteidigung und darüber hinaus Assistenzeinsätze im Inland, Einsätze zur Katastrophenhilfe sowie Auslandseinsätze vor. Information der Bevölkerung wird jedenfalls weder in der Verfassung noch im Wehrgesetz erwähnt. Sehr wohl festgeschrieben ist allerdings, dass die umfassende Landesverteidigung aus den Teilbereichen militärische, geistige, zivile und wirtschaftliche Landesverteidigung besteht. Gerade im Bereich der geistigen Landesverteidigung, deren Zielsetzung die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung für die Notwendigkeit der Verteidigung der liberalen und demokratischen Werte Österreichs beinhaltet, ist (bspw. neben dem Schulsystem) auch das Bundesheer gefordert, die Bevölkerung zu informieren.

Demgegenüber steht eine Informationspflicht öffentlicher Stellen gegenüber der Bevölkerung. Diese wird immer wieder von Seiten der Österreicherinnen und Österreicher eingefordert. Eine aktuelle repräsentative Meinungsumfrage belegt auch, dass die österreichische Bevölkerung zu wenig über das Bundesheer informiert wird. So fühlen sich beispielsweise nur 15 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen gut über die Auslandseinsätze des Bundesheeres informiert. Knapp 50% geben an, noch nie vom aktuellen Einsatz der Streitkräfte in Mali gehört zu haben, die Einsätze im Libanon oder Afghanistan erleiden ein ähnliches Schicksal. Lediglich das österreichische Engagement in Bosnien und im Kosovo wurde vermehrt wahrgenommen.

In Zeitungs- oder Fernsehberichten wird das Bundesheer wahrgenommen, sonst führt es gewissermaßen ein Schattendasein. Im Alltag oder bei Veranstaltungen werden Soldaten und Soldatinnen jedenfalls weniger wahrgenommen.

Nicht nur, aber gerade die Wienerinnen und Wiener bekennen sich dazu, dass sich das Bundesheer häufiger der Öffentlichkeit präsentieren sollte. Die österreichische Bevölkerung wünscht sich dabei vermehrt Tage der offenen Tür und Angelobungen, Vorführungen, Veranstaltungen sowie Präsentationen im öffentlichen Raum. Darüber hinaus wurde die Einbindung der Bevölkerung in Übungen als Wunsch artikuliert.

Gerade der letzte Punkt scheint überaus erfolgversprechend. Im November 2016 fand am Gelände des Hauptfirmensitzes der EVN eine gemeinsame Antiterrorübung mit Polizei und der BH Mödling statt. 750 Soldatinnen und Soldaten und etwa 50 Polizisten und Polizistinnen trainierten mit Panzern und Hubschraubern den Schutz kritischer Infrastruktur. Die Bevölkerung und die Belegschaft der EVN waren hautnah in das Szenario, welches auch einem realen und wahrscheinlichen Bedrohungsszenario entspricht, eingebunden. Natürlich war das für alle Beteiligten mit Aufwand verbunden – es kam laufend zu Fahrzeug- und Personenkontrollen und damit zu Verzögerungen im Berufsalltag. Letztendlich überwogen aber die positiven Stimmen, denn man hatte ein Bundesheer zum Angreifen und konnte sich von der Fähigkeit der österreichischen Streitmacht, ein solches Bedrohungsszenario zu meistern, selbst überzeugen.

Das Bundesheer wird sich am 26. Oktober 2019 zwar wieder am Heldenplatz präsentieren, aber eben in stark eingeschränkter Form. Dieses Mal wird kein schweres Gerät, kein Panzer und kein Hubschrauber zu bestaunen sein. Stattdessen soll sinnvollerweise aufgezeigt werden, welche Fähigkeiten das Bundesheer jetzt besitzt und welche es, wie im Bericht des Verteidigungsministers präsentiert, 2030 nicht mehr aufweisen wird.

Es ist wichtig, dass eine Armee die Möglichkeit hat, sich zu präsentieren – in Form einer Leistungsschau, einer Parade oder, und das ist die Krönung der Präsentationskunst, im Rahmen einer Übung mitten in der Bevölkerung. Dies dient einerseits dem Selbstbewusstsein einer Streitmacht und andrerseits der Information der Bevölkerung, die dies auch vehement einfordert. Somit ist eine solche Veranstaltung also nicht nur aus Staatsräson (im Sinne der geistigen Landesverteidigung) notwendig, sondern erfüllt letztlich auch den Wunsch der Österreicherinnen und Österreicher nach einem angreifbaren und in der Bevölkerung eingebundenem Heer.

Stefan Rakowsky ist Sozialforscher und Militärpsychologe an der Landesverteidigungsakademie.

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