Gutachten: FPÖ-Comic "Propaganda auf tiefem Niveau"

Gutachten FPoeComic Propaganda tiefem
Gutachten FPoeComic Propaganda tiefem(c) FPOE
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Der FPÖ könnte die Rückzahlung von Fördergeldern für ihre Parteiakademie drohen. Mit dem Geld wurde ein Comic finanziert, zu dem es jetzt ein vernichtendes Gutachten gibt.

Brüssel als dekadenter Sündenpfuhl, die EU-Kommission als "abgehobene, undemokratische Runde": Diese Darstellung Europas hat die FPÖ im EU-Wahlkampf 2009 als Comic mit dem Titel "Der Blaue Planet" an tausende Jungwähler verschickt. Finanziert wurde das aus der staatlichen Förderung für politische Bildungsarbeit.

Nun könnte der FPÖ eine Rückzahlung drohen. Im zuständigen Beirat des Kanzleramts wurde am Dienstag ein vernichtendes Gutachten zu dem Comic präsentiert. Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer urteilt darin: "Die Publikation bedient alle negativen Klischees, die aus den Medien bekannt sind, auf einem sehr tiefen Niveau. Ein Informationsgehalt ist nicht zu finden."

"Die Darstellung der Europäischen Union als geldgieriges, überhebliches autoritäres Monster mag man als politische Propaganda hinnehmen, als politische Bildungsarbeit kann eine solche Darstellung jedenfalls nicht qualifiziert werden", heißt es weiter. Das in einer Demokratie notwendige Abwägen von gegenläufigen Interessen werde "nicht einmal in Ansätzen sichtbar gemacht".

Die Parteien erhalten jährlich fast 12 Millionen Euro an öffentlicher Förderung für ihre "Parteiakademien". Damit das Geld tatsächlich in die politische Bildungsarbeit fließt (und nicht etwa in Wahlpropaganda), legt das Publizistikförderungsgesetz bestimmte Mindeststandards für die Mittelverwendung fest. Außerdem gilt ein Richtlinienkatalog des zuständigen Beirats im Bundeskanzleramt. Demnach soll die politische Bildungsarbeit ein "umfassendes Verständnis von Demokratie" fördern und zur "Erziehung demokratisch denkender, aufgeschlossener dem Pluralismus bewusster Menschen" dienen.

Mayer: Comic entspricht Förder-Richtlinien nicht

Laut Mayers Gutachten entspricht der Comic keiner einzigen der Richtlinien für die Akademienförderung. Auch die im Comic eingestreuten Fußnoten mit Sachinformationen ergeben laut dem Juristen kein anderes Bild, zumal die Fußnoten "zum Teil sachlich falsch (...) oder rein polemisch" seien. Selbst die durch die Förder-Richtlinien gedeckte Politisierung der Bürger erfolge in dem Comic "in einer ganz einseitigen Weise".

Das Grüne Beiratsmitglied Werner Kogler hofft nun, dass bei der nächsten Sitzung im Juli ein Beschluss auf Rückforderung der für das Comic verwendeten Fördermittel gefasst wird. Es sei nicht hinzunehmen, dass "hunderttausende Steuereuro für diese Methode der Darstellung und diese inhaltliche Hetze hergegeben werden". Freilich kann der Beirat nur eine Empfehlung abgeben - die Entscheidung liegt dann bei SP-Kanzler Werner Faymann.

FP-Akademie: Gutachten "tendenziös"

Der Geschäftsführer des Freiheitlichen Bildungsinstituts, Klaus Nittmann, kritisierte das Mayer-Gutachten als "tendenziös". Sollte die Diskussion um den Comic tatsächlich zu einer Rückforderung führen, dann will er dagegen gerichtlich vorgehen. Schließlich erlaube das Publizistikförderungsgesetz auch die Darstellung von Themen aus Perspektive der jeweiligen Partei. Im Begleitschreiben zu dem Comic sei auch explizit auf dessen teils tendenziöse Darstellung hingewiesen worden. Mayer habe dieses Begleitschreiben in seinem Gutachten allerdings nicht berücksichtigt.

Zudem sei Mayer als Gutachter "befangen", weil er von den Grünen 2006 als Rechnungshofpräsident vorgeschlagen worden sei und Beiratsmitglied bei Transparency Österreich sei. Diese Organisation arbeite eng mit der EU zusammen. Die genauen Kosten des EU-Comics konnte Nittmann nicht beziffern, eine Größenordnung zwischen 200.000 und 300.000 Euro werde aber "in etwa stimmen".

(APA)

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