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Wenn das Meer zum Kompass wird

Unruhe war die Quelle seiner Fantasie: Luigi Nono und seine Ehefrau, Nuria Schönberg-Nono, Venedig 1959.
Unruhe war die Quelle seiner Fantasie: Luigi Nono und seine Ehefrau, Nuria Schönberg-Nono, Venedig 1959.(c) Franz Hubmann / Imagno / picture (Franz Hubmann)
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Wer genau hinhört, entdeckt in seinem Werk die Spuren von Venedig: das Geräusch der Vaporetti, wenn sie gegen die Uferplanken donnern, die Glocken von San Marco, die Chöre der Gabrielis, das Tuten der Nebelhörner – Luigi Nono,der prete rosso, und die Klänge von Meer und Marmor.

Skandal im Teatro La Fenice. Schon Tage vor der Uraufführung von Luigi Nonos „Intolleranza“ gibt es Gerüchte. Ganz ohne Proteste würde die Vorstellung nicht ablaufen, dafür sei das Stück zu aggressiv in der politischen Anklage. Musikalisch befinde es sich ohnehin jenseits des guten Geschmacks. Und überhaupt: Nono ist ein Kommunist, der gegen Faschismus, Kolonialismus und Ausbeutung auf die Barrikaden steigt. Einen wie ihn soll man im ehrwürdigen Fenice feiern?

Viele sehen dem 13. April 1961 bang, aber auch sensationslüstern entgegen. Die neofaschistische Zeitung „Il Borghese“ ist im Vorfeld mit Hetzparolen gegen die Biennale-Leitung aufgetreten, die Nono den Auftrag zu „Intolleranza“ erteilt hat. Es ist nicht zu verhindern, dass sich bei der Premiere Anhänger fanatischer Gruppierungen unter die Besucher mischen. Dementsprechend zahlreiche Wachebeamte stehen im Theater bereit, als es seine Tore öffnet. Mit den ersten Akkorden beginnt der Tumult. Mitglieder der Ordine Nuovo, einer rechtsradikalen Terrorgruppe, werfen Stinkbomben in Richtung Bühne und machen sich durch Pfiffe bemerkbar, um sich gegen den Komponisten und sein Vorhaben aufzulehnen.

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