Fifa: Reich, aber unbeliebt

Fifa Reich aber unbeliebt
Fifa Reich aber unbeliebt(c) AP (Themba Hadebe)
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Die WM bringt dem Verband 2,6 Milliarden Euro. Die Südafrikaner stoßen sich indes an Steuerbefreiungen und bezweifeln, dass sich das Turnier auch für sie lohnt.

Der Zeitpunkt war, freundlich ausgedrückt, sehr schlecht gewählt. Seit Freitag berichten Südafrikas Zeitungen von millionenschweren Steuerbefreiungen für die Fifa. Und dann gibt der Weltverband ausgerechnet zum Wochenende bekannt, dass die WM 2,6 Milliarden Euro in seine ohnehin prall gefüllten Kassen spülen wird.

Das war scheinbar auch Fifa-Sprecher Nicolas Maingot ein wenig unangenehm. Er wies umgehend darauf hin, dass 75 Prozent aller Einnahmen in die Entwicklung des Fußballsports gesteckt würden. Davon profitiere vor allem Afrika. Würde die Fifa den Sport nicht so engagiert unterstützen, eine WM in Afrika wäre niemals möglich gewesen, war der Delegierte um Schadensbegrenzung bemüht.

Geldgierige Europäer. Trotzdem fühlen sich manche Südafrikaner über den Tisch gezogen. „Die Fifa hat unser Land in ihr privates Eigentum verwandelt“, schreibt die auflagenstarke Boulevardzeitung „The Star“. „Wieder mal haben wir die geldgierigen Europäer befriedigt.“ Tatsächlich dürfte die diesjährige Weltmeisterschaft die ertragreichste für die Fifa werden. Zum Vergleich: In Deutschland 2006 nahm der Weltverband rund 1,8 Mrd. Euro ein.

Umstritten ist indes der Nutzen für die Gastgeber. Südafrika hat rund sieben Mrd. Euro in die Vorbereitung des Events gesteckt. Darin enthalten sind unter anderem der Ausbau und die Renovierung von Verkehrswegen sowie die Arbeiten an den zehn WM-Stadien. Auch mehrere Projekte, von denen das Land nach der WM profitieren wird, wurden realisiert – etwa die hochmoderne Zugstrecke „Gautrain“, die Johannesburg und Pretoria verbindet.

Ein Teil der Ausgaben fließt auf jeden Fall wieder nach Südafrika zurück. Ein Beispiel: Die Fifa schießt dem Land 100 Mio. Euro für Infrastrukturprojekte zu, dazu kommen Gebühren für die Nutzung der Stadien sowie Tourismuseinnahmen, deren Höhe momentan noch schwer abschätzbar ist.

Ungeachtet dessen stoßen sich viele Südafrikaner an den am Freitag bekannt gewordenen Steuerbefreiungen für den Weltverband. Demnach sind sämtliche Delegierte sowie die Organisation selbst von Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Zollgebühr befreit. „Wir mussten einem Deal zustimmen, der uns um zig- oder sogar hunderte Millionen bringt“, schreibt die Wochenzeitung „Sunday Times“. Die Fifa wollte zu dem Thema am Samstag nicht Stellung nehmen.
WM-Euphorie verblasst. Der Aufruhr kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Das enttäuschende Abschneiden der afrikanischen Teams hat die Euphorie verblassen lassen. Nach der Niederlage des Gastgebers gegen Uruguay forderte das Organisationskomitee die Bevölkerung auf, weiterhin Begeisterung zu zeigen. Trotzdem sind die Vuvuzelas in den Straßen Johannesburgs verstummt.

Die Fifa hat dazu ihren Teil beigetragen. Auch die Verhaftung von zwei Holländerinnen, die in orangen Kleidern für einen Bierproduzenten geworben haben, wird mit Unmut aufgenommen. „Wenn die Fifa nichts getan hätte, wäre die Aufregung schnell verpufft. So bekommt der Bierhersteller die beste Werbung, die man sich vorstellen kann“, glaubt „The Star“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2010)

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