Kolumne zum Tag

Wer ständig Floskeln nutzt, hat nicht viel zu sagen

Wer hoch steigt, kann tief fallen.
Wer hoch steigt, kann tief fallen.(c) imago/Ikon Images
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Wer hoch steigt, kann tief fallen – aber danach halt auch wieder hoch steigen, wie man hört.

Wer in Gesprächen ständig Floskeln verwendet, ist in der Regel kein besonders spannender Gesprächspartner. Aber gut, wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Und wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Wer aber auch noch altkluge Phrasen à la „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“ als originellen Einwurf begreift, sollte umgehend Hopfen und Malz als verlustig gegangen melden. Wer den Kern essen will, muss die Nuss knacken, wie man so schön sagt. Wobei, wer „wie man so schön sagt“ sagt, ist auch um keinen Deut besser. Wer sagt das? Nun, wer keine Fragen stellt, bekommt keine Lügen zu hören. Aber wer lesen kann, ist klar im Vorteil – einfach die Namenszeile ganz oben anschauen. Wer unter die Oberfläche dringt, tut es auf eigene Gefahr.

Wer aber mit hohlen Phrasen Politik macht, der hat die Sache mit dem „wer“ sicher auch schon verinnerlicht. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, zum Beispiel. Und gerade in der politischen Welt muss man mit jeglichem Absolutheitsanspruch ohnehin vorsichtig sein: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht. Und wer mit den Hunden schläft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er am nächsten Tag mit Flöhen aufwacht. Wer hoch steigt, kann tief fallen – aber danach halt auch wieder hoch steigen, wie man hört. Tja, wer die Wahl hat, hat die Qual. Aber wer den Groschen nicht ehrt, ist den Schilling nicht wert – seit der Euro-Einführung klingt das aber nicht mehr so gut. Und wer aufs Erben hofft, kann lange warten. Aber wer einen Sumpf trockenlegen will, darf eben nicht die Frösche fragen. Wer schön sein will, muss leiden, heißt es. Aber auch, wer austeilt, muss auch einstecken können. Das stimmt. Und seien wir uns ehrlich, wer am wenigsten zu sagen hat, redet am meisten – ob das auch für's Schreiben gilt?

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2020)

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