Kommentar

Die Unwillkommenen von Hanau

24.02.2020, xmgx, Lokal Hanau Trauerfeier Ferhad Uenvar, Beerdignung Trauer Gaeste Friedhof v.l., Hanau Hessen Deutschla
24.02.2020, xmgx, Lokal Hanau Trauerfeier Ferhad Uenvar, Beerdignung Trauer Gaeste Friedhof v.l., Hanau Hessen Deutschlaimago images/Patrick Scheiber
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Zehn Menschen starben bei einem Terroranschlag in Hanau. Ihnen wurde Unrecht getan. Vor und nach ihrem Tod.

Nein, es ist noch nicht alles zum rechtsextremistischen Terroranschlag in Hanau vor zwei Wochen gesagt worden. Zehn Menschen wurden ermordet, darunter die Mutter des Attentäters, der es in zwei Shishabars gezielt auf Menschen mit Migrationshintergrund abgesehen hatte und schließlich auch sich selbst tötete.

Dass von manchen deutschen und österreichischen Medien das eindeutig rassistische und rechtsradikale Motiv des Mannes anfangs relativiert wurde, weil er ja für seine Tat zwei Bars ausgesucht hatte, ist gefühllos, fahrlässig und eigentlich unverzeihlich. Offenbart aber auch eine gewisse Unwissenheit – über eine kleine Welt, in der sich Menschen, denen man ihren Migrationshintergrund ansieht, die also, wie es korrekt heißt, phänotypisch geprägt sind, in einem geschützten Raum amüsieren können. Mit Freunden, Musik und Alkohol. Ohne sich unwillkommen, ausgegrenzt und überflüssig zu fühlen.

Shishabars werden fast ausschließlich von Migranten betrieben und zum größten Teil von Migranten besucht. Man könnte sogar sagen, dass sie als Reaktion auf die regelmäßige Zurückweisung von Migranten im Nachtleben Österreichs und Deutschlands entstanden sind. In Shishabars werden nicht rein zufällig Türken, Bosnier und Araber weggeschickt, weil das Lokal angeblich schon voll ist oder weil heute eine „geschlossene Gesellschaft" unter sich sein will.

»Was ernüchternd war, sind die ausgebliebene Solidarisierung und der Aufschrei vieler Promi-Migranten.«

Aber wie gesagt, das alles könnte man zwar, muss man aber nicht wissen. Was allerdings nach dem Anschlag und den anschließenden Geschehnissen – gemeint sind die schäbigen Instrumentalisierungsversuche von diversen Seiten – ebenso ernüchternd war, sind die ausgebliebene Solidarisierung und der Aufschrei vieler Promi-Migranten. Sie wissen schon, super erfolgreiche Schauspieler, Models, Sänger, Gastronomen und Moderatoren mit einer Million Instagram-Followern. Klar, sie gehen in keine Shishabars mehr. Sie stehen auf den Gästelisten der exklusivsten Bars und Partys. Mit Goodie Bags beim Ausgang. Sie sind nirgendwo unwillkommen – und haben dieses Gefühl wohl vergessen.

Tatsächlich waren es nur einige wenige Journalisten mit Migrationshintergrund (interessanterweise zumeist Frauen), die öffentlich Stellung bezogen, Haltung gezeigt und bei der Einordnung dieses Terroranschlags geholfen haben. Journalisten, die nicht auf Gästelisten stehen – und Discos über VIP-Eingänge betreten, während ihre Landsleute am Haupteingang abgewiesen, gedemütigt und erniedrigt werden.

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