Geld: Ungarn hat Fremdwährungskredite verboten

/c) EPA
  • Drucken

Die Banken kritisieren, dass für die Beschränkung die gesetzliche Grundlage fehlt. Premier Viktor Orbán ist daher für die Schaffung eines neuen Staatsfonds, dieser soll faule Kredite aufkaufen.

Budapest. Die Zeiten von Immobilienkrediten in Schweizer Franken oder Euro sind für Ungarns Häuselbauer vorerst vorbei. Denn seit dem 1.Juli dürfen in Ungarn neue Hypotheken nicht mehr auf Basis ausländischer Währungen finanziert werden. Fremdwährungskredite für Private sind damit praktisch verboten.

Zwar blieb der bei staatlichen Eingriffen sonst übliche Aufschrei des Entsetzens seitens der nationalen Banken diesmal aus, denn die bis zur Finanzkrise so populären Fremdwährungskredite sind bei ungarischen Kreditnehmern trotz teils niedriger Zinsen ohnedies nicht mehr beliebt.

Dafür aber herrscht Ratlosigkeit. Details der neuen Regelung seien nach wie vor nicht bekannt, kritisieren die Banken. Zur Umsetzung der Regierungsentscheidung müssten erst mehrere Gesetze angepasst werden, hieß es aus der CiB-Bank. Sie will deshalb bereits laufende Verfahren zur Vergabe von Hypothekenkrediten in Fremdwährungen fortsetzen. Auch Raiffeisen und die Erste Bank erklärten, bis zum 30. Juni beantragte Devisenkredite noch in Euro zu vergeben.

700.000 notleidende Kredite

Der stark gestiegene Frankenkurs hat hunderttausende Ungarn in die Schuldenfalle gestürzt. Der Forint hat in den vergangenen zwölf Monaten allein gegenüber dem Schweizer Franken knapp 18 Prozent an Wert eingebüßt. Gegenüber 2007 gab die Währung sogar um fast die Hälfte nach.

Die Folge: Die Kreditschuld verteuert sich dramatisch. Das Problem hat gewaltige Ausmaße: Mehr als die Hälfte aller ungarischen Haushalte verfügt über einen Schweizer-Franken-Kredit.

Der Kursverfall des Forint trifft die ohnehin schwach entwickelte Mittelschicht des Landes am härtesten. Unzählige Familien wurden in den letzten Jahren mit vermeintlich günstigeren Frankenkrediten von den Banken als Kunden geködert. Nun können immer mehr Haushalte ihre monatlichen Kreditraten kaum noch bedienen.

Auf bis zu 700.000 wird von ungarischen Medien die Zahl der Menschen beziffert, die ihre Kredite seit einiger Zeit nicht mehr zurückzahlen können.

Spätestens für den Herbst hat die neue Regierung unter Premier Viktor Orbán daher die Schaffung eines neuen Staatsfonds angekündigt. Dieser soll faule Kredite aufkaufen und den Schuldnern die Umwandlung ihrer Fremdwährungs- in Forintkredite ermöglichen. Gleichzeitig drängt Budapest die von einer neuen Bankensteuer bedrohten Gläubigerbanken auf Zinsnachlässe bei in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Kunden.

Die Entschuldung der Eigenheimbesitzer will Budapest offenbar mit einem neuen Milliardenkredit finanzieren. Über die Konditionen verhandelt die Regierung derzeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF).

Es sei zu befürchten, ärgert sich die „Budapester Zeitung“, dass auch das neue Kabinett auf das bewährte Rezept vorangegangener ungarischer Regierungen zurückgreife: die Finanzierung von Nettigkeiten im Inland durch Schulden im Ausland. Auf diese Weise würden die „Portemonnaies der Enkel geschröpft“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.