Gastbeitrag

Eugenische Indikation: Haltung zum Leben überdenken

Erkenntnisse zum Leben von Behinderten haben sich geändert. Der Zugang zu eugenischer Indikation sollte es auch.

Paragraf 97 des Strafgesetzbuches besagt, dass es als Ausnahmebestimmung zur Fristenregelung möglich ist, bei Verdacht auf eine geistige oder körperliche schwere Behinderung bis zur Geburt abzutreiben. Diese unterschiedliche Wertung von behindertem und nicht behindertem Leben ist eine Diskriminierung und ein Verstoß gegen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Dass es sich bei der eugenischen (embryopathischen) Indikation um eine Diskriminierung handelt, wird vom Justizministerium noch immer nicht anerkannt. Das zeigt eine aktuelle Anfragebeantwortung auf die Bürgerinitiative #fairändern. Dazu beinhaltet die Stellungnahme diskriminierende Formulierungen, die das Unwissen über die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung offensichtlich machen!

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§ 97 spricht von einer „ernsten Gefahr, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein wird“. Anstatt den Begriff „Gefahr“ im Sinne der UN-Konvention zu hinterfragen, definiert das Justizministerium diese „je nach Lehrmeinung schon bei einem gegenüber dem gegebenen Grundrisiko um etwa fünf bis zehn Prozent erhöhten Schädigungsrisiko“. Das ist dringend zu hinterfragen. Nimmt man die Einstufung des Behinderungsgrades im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, gilt jemand erst ab einer Behinderung von 50 Prozent als „begünstigt behindert“. Natürlich kann auch jemand mit einer Einstufung von 100 Prozent Behinderung, so wie ich, der weder Arme noch Beine bewegen kann und auf künstliche Beatmung angewiesen ist, nicht nur arbeiten, sondern auch ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben führen.

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