Praktika

Eine zähe Suche in Coronazeiten

Die Krise und ihre Folgen erschweren die Suche nach Praktikumsplätzen diesen Sommer erheblich.
Die Krise und ihre Folgen erschweren die Suche nach Praktikumsplätzen diesen Sommer erheblich.(c) imago images/ANE Edition (Giorgos Kontarinis via www.imago-images.de)
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Rund 50.000 Schüler und viele Studierende müssen laut Lehr- und Studienplänen Praktika absolvieren. Die Krise erschwert die Suche nach entsprechenden Stellen.

Von Glück kann reden, wer sich beim Baukonzern Leyrer & Graf für ein Ferialpraktikum beworben hat. „Wir nehmen auch heuer in der Unternehmensgruppe wieder circa 100 Ferialpraktikanten auf“, so eine Sprecherin. Dies gelte sowohl für den kaufmännischen als auch den technischen Bereich. „Im Bau ist es am einfachsten“, sagt Hannes Sauerzopf, Direktor der HTL Mödling. Grundsätzlich seien jedoch Praktikumsplätze rar. Unternehmen quer durch alle Branchen würden aufgrund von Kurzarbeit und der allgemeinen Unsicherheit entweder Zusagen zurückziehen oder gar keine Praktikumsplätze anbieten.

Fachschüler und Studierende

Rund 50.000 Schüler von Tourismusschulen, Handelsakademien und -schulen, Fachschulen sowie HTLs sind laut Lehrplan verpflichtet, im Sommer ein Praktikum in einem Betrieb zu absolvieren. Während Letztere binnen fünf Jahren zwei mal vier Wochen Praxiserfahrungen sammeln sollen, sind es bei Fachschülern nur einmalig vier Wochen.

Auch die meisten Studierenden der Bachelorstudiengänge Pflege, Diätologie und Physiotherapie an der FH St. Pölten können aufatmen. „Die praktische Ausbildung wurde vonseiten der NÖ Landesgesundheitsagentur für Kliniken und den Langzeitpflegebereich mit 20. April wieder aufgenommen“, sagt Studiengangsleiterin Petra Ganaus. Für das Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege etwa würden daher fast alle Berufspraktika bei deren Einrichtungen stattfinden – Ausnahme seien rehabilitative Einrichtungen. „In der Hauskrankenpflege wird die praktische Ausbildung zum Teil mit 1. Juni wieder aufgenommen“, so Ganaus.

Seit diesem Zeitpunkt laufen im Wesentlichen auch die Praktika der Diätologie-Studenten des zweiten und vierten Semesters. Anders sieht es mit jenen des sechsten Semesters aus, für die das Praktikum im März beginnen hätte sollen. „Die Möglichkeiten, Praktika in den verschiedenen Einrichtungen zu absolvieren, waren sehr unterschiedlich“, sagt Studiengangsleiterin Gabriele Karner. Daher werde nur ein Teil der Studierenden ihre Ausbildung wie geplant Ende Juni/Anfang Juli abschließen können.

Kompensation angerechnet

„Wir haben die Studierenden dahingehend unterstützt, Kompensationsleistungen anzubieten oder anzurechnen wie etwa Konzeptentwicklung und Umsetzung von Videos zu ausgewählten aktuellen Themen“, sagt Karner.

Des Weiteren sei überlegt worden, welche von den Studierenden einzureichenden Erfahrungen, außerordentliche Praktika und Ähnliches ebenfalls ihre berufliche Kompetenz erweitert haben und damit als Teil des Praktikums angerechnet werden könnten. Darüber hinaus hätten einige Praktikumsstellen ein Online-Angebot bereitgestellt.

Auch den Physiotherapie-Studierenden im sechsten Semester fehlen durch den Abbruch der Praktika im März zwei Pflichtpraktika sowie ein Wahlpflichtpraktikum im Ausmaß von drei Wochen. Mittlerweile seien jedoch zumindest rund 85 Prozent der Praktika neu verplant. Für die Studierenden bedeutet die Unterbrechung allerdings, dass sich die abschließende Bachelorprüfung von Anfang Juli auf September verschiebt.

Herausfordernder stellt sich die Situation hingegen im Bachelorstudiengang Internationale Wirtschaftsbeziehungen der FH Burgenland dar. Hier wird das Pflichtpraktikum im Ausmaß von 15 Wochen normalerweise verpflichtend im Ausland absolviert. Genauer: in dem Land, dessen Sprache der oder die Studierende zu Beginn des Studiums gewählt hat, also zum Beispiel in Moskau, St. Petersburg, Warschau, Prag, Budapest oder Zagreb. „Wir sind in diesem Studienjahr vor eine besondere Herausforderung in der Organisation dieser Auslandspraktika gestellt und suchen weiter nach Möglichkeiten, dass die Praktika im Ausland stattfinden können“, sagt Studiengangsleiterin Tonka Semmler-Matošić.

Inland statt Ausland

Ausnahmsweise können die Studierenden des Bachelors der internationalen Wirtschaftsbeziehungen ihr Praktikum aber aktuell auch im Inland absolvieren. „Einige österreichische Firmen bieten nach wie vor Praktikumsplätze ab Herbst an“, so Semmler-Matošić. Aus dem Ausland sei kommuniziert worden, dass noch abgewartet werde, abgesagt habe bisher kaum ein Unternehmen. Sei dies der Fall oder könne das Praktikum nicht fortgesetzt werden, könnten unter anderem Kompensationsmöglichkeiten angeboten werden. Auch Schüler brauchen sich keine Sorgen zu machen, falls sie ihr Praktikum unverschuldet nicht absolvieren können. „In diesem Fall kann es entweder aufgeschoben oder aufgehoben werden“, sagt Sauerzopf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2020)

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