Mein Montag

Ich kann da nicht, da bin ich leider gerade auf Urlaub

Leider gerade auf Urlaub...
Leider gerade auf Urlaub...Viktoria Riegler
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Wie aufrichtig ist eigentlich das Bedauern, eine Arbeit nicht machen zu können, weil man frei hat?

Sie kennen das. Es wird in die Runde gefragt, wer eine bestimmte Arbeit, einen Dienst oder dergleichen übernehmen kann. Und dann kommt eine Antwort: „Ich kann da nicht, da bin ich leider gerade auf Urlaub.“ Leider? Nun, das Modaladverb erfüllt die Funktion, sein Bedauern auszudrücken.

Das ist zwar ehrenhaft, wenn man dem Gegenüber nicht „ätsch, bätsch, ich bin nicht da, macht euch den Dreck selber“ entgegenschleudert. Aber wie aufrichtig fühlt es sich an, dass man bedauert, auf Urlaub sein zu müssen? Für all die, die dann zurückgelassen die Arbeit schultern müssen, kann das „leider“ wie ein Hohn wirken. Bedenken wir, dass sich leider aus dem Komparativ des Adjektivs leid entwickelt hat. Dann mag der Urlauber zwar leider leiden, doch für die, die nicht weg sind, wird es dann womöglich am leidesten – besonders dann, wenn vom Leider-Urlauber Fotos auf Social Media auftauchen, auf denen etwa in Sand vergrabene Zehen neben einem Cocktailglas zu sehen sind. „In Gedanken bin ich bei euch“, könnte daneben stehen. Ja, wir leiden alle mit.

Manche erweitern ihr Bedauern auch noch um eine göttliche Dimension, sie verpacken ihr Bedauern dann in ein „leider Gottes“. Entstanden ist das vermutlich aus der Beteuerung „bei dem Leiden Gottes“. Das Bedauern kann übrigens sowohl positiv („leider ja“) als auch negativ („leider nein“) verwendet werden, meist als Antwort auf eine Frage. „Kannst du diesen Dienst machen?“ „Leider nein.“ „Ach, bist du da gerade auf Urlaub?“ „Leider ja.“ Dann sind da auch noch zeitgeistige Kombinationen à la „leider geil“. Und auch Schadenfreude lässt sich mit Worten des Bedauerns transportieren, etwa durch die Verdoppelung mit „leider, leider“.

Sagen Sie mir doch, wie Sie dieses Wort verwenden. Eine Antwort von mir könnte allerdings eine Zeit lang dauern. Ich bin nämlich gerade auf Urlaub. Leider . . .

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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