Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler bei der einer Pressekonferenz der Regierung zur Maskenpflicht am Dienstag.
Koalition

Dominante ÖVP? Unterwürfige Grüne? Wie es in der Koalition derzeit läuft

Das Beste aus beiden Welten? Zuletzt sah es eher so aus, als würden sich die Grünen in die Welt der ÖVP einfügen. Oder besser gesagt: in die des Bundeskanzlers.

Mit der Verlautbarung der neuen Maßnahmen zur Virusbekämpfung mussten die zuständigen Minister warten, bis Sebastian Kurz aus Brüssel zurück war. Die Pressekonferenz durfte nicht ohne den Kanzler stattfinden.

Bei anderen Entscheidungen hatte es den Anschein, als würde die ÖVP keine Rücksicht auf den Koalitionspartner nehmen. Beim EU-Gipfel zum Corona-Hilfspaket etwa. Oder bei der neu eingerichteten Dokumentationsstelle Politischer Islam. Und dann drückte Bildungsminister Heinz Faßmann auch noch seine Freude darüber aus, dass die Grünen die ÖVP jene Bildungspolitik machen ließen, „die wir für richtig erachten“. Ist denn die ÖVP so dominant? Sind die Grünen so unterwürfig?

Faßmanns Bilanz wollte der Koalitionspartner nicht so stehen lassen. Ohne die Grünen, stellte Bildungssprecherin Sibylle Hamann klar, wären Schulen und Kindergärten noch viel länger geschlossen geblieben. Auch die Sommerschule und „viele Tausende Ferienbetreuungsplätze“ gäbe es nicht. „Offenbar gefallen dem Minister manche grünen Positionen inzwischen so gut, dass er sie für die eigenen hält“, schlussfolgerte Hamann. Überbewerten wollen die Grünen Faßmanns Aussage aber auch nicht: „Vielleicht war das einfach nur so dahingesagt“, heißt es.

Bei der Dokumentationsstelle Politischer Islam erinnerten die Grünen Integrationsministerin Susanne Raab öffentlich daran, dass hier noch etwas fehlt: Im Regierungsprogramm sei festgeschrieben, dass auch „Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und generell religiös motivierter Extremismus“ unter die Lupe genommen werden sollen. Im Herbst müssten daher weitere Schritte folgen, forderte Integrationssprecherin Faika El-Nagashi.

Das klang nach grüner Unzufriedenheit, aber nur beim ersten Hinhören. Immerhin hatte Raab ihre Pläne mit Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer besprochen. Dass die ÖVP ihren Fokus zunächst auf den politischen Islam legt, die Grünen aber auf weitere Aktionspläne pochen, die von Raab dann umgehend in Aussicht gestellt werden, war Teil der gemeinsamen Kommunikationsstrategie, die Wählergruppen beider Parteien zufriedenstellen sollte.

In der Europapolitik waren sich die Koalitionspartner immerhin darin einig, dass sie sich nicht einig sind. Vizekanzler Werner Kogler distanzierte sich nach dem EU-Gipfel von der Verhandlungslinie des Kanzlers. Höhere Zuschüsse wären ihm lieber gewesen „als das eine oder andere Prozent auf dem Rabattbazar“. Die Grünen wären „wohl mutiger und europäischer“ aufgetreten.

Wobei Kogler auch nicht unzufrieden ist. Das Ergebnis enthalte „sehr viel Grünes“: 30 Prozent der Mittel seien für die Ökologisierung zweckgebunden. Und für den Aufbaufonds nehme die EU nun gemeinsam Schulden auf. „Das“, mutmaßte der Grünen-Chef, „wäre bei einer FPÖ-Regierungsbeteiligung anders gekommen.“ Während des EU-Gipfels hatte Sebastian Kurz den Vizekanzler immer wieder telefonisch auf den letzten Stand der Dinge gebracht. Und bei den Grünen weiß man durchaus zu schätzen, „dass manche Position in unserem Sinne vorgebracht wurde“. Vor allem beim Klimaschutz.

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