Nüchterne, unaufgeregte Sprache. Lydia Mischkulnig.
Literatur

Lydia Mischkulnigs neuer Roman: Von Recht und Revolte im Gerichtssaal

Kurzweilig und mitten im Leben: Lydia Mischkulnigs Roman „Die Richterin“ führt geradewegs in die Gegenwart von Flüchtlingsproblematik und männlichem Atavismus.

Gabrielle – der Titel kündigt es ohne Umschweife an – ist Richterin. Ihre Perspektive bestimmt den Roman, die Sprache verrät die Herkunft aus dem juristischen Denken. Lydia Mischkulnig versetzt sich ohne distanzierendes Korrektiv in ihre Protagonistin, erzählt aber in der dritten Person. Dialoge sind ohne Anführungszeichen in den eng gedruckten Textfluss eingefügt. Die Sprache ist nüchtern, unaufgeregt, die Syntax einfach. Sparsame Rückwendungen, vorzugsweise die männlichen Gegenfiguren betreffend, erweitern den Horizont, charakterisieren die zentrale Figur, erleichtern das Verständnis ihres Charakters. Die Denkbewegung geht vom Besonderen zum Allgemeinen. Konkrete Details bieten übergangslos den Anlass zu grundsätzlichen Reflexionen, zu thesenartigen Behauptungen.

Diese Richterin hat moralische Maßstäbe, aber sie ist keine Ideologin. Was (für sie) falsch und was richtig ist, entscheidet sie von Fall zu Fall. „Bei aller Härte, die die Spaltung Gabrielles in Amt und Person forderte, nahm sie sich das Recht, unter dem Amtskleid mit ihrem Gewissen zu verschmelzen und manchmal das persönlich empfundene Unrecht durch einen persönlichen Ausbruch auszugleichen“, heißt es an einer Stelle. Ob der Zufall, dass eine Richterin vorübergehend österreichische Bundeskanzlerin war, bei der Konzeption eine Rolle gespielt hat, ist nicht zu erkennen. Mischkulnigs Richterin jedenfalls strebt kein politisches Amt an.

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