Austria'20

Radfahren, damit Herzen schlagen können

Herbert Witschnig.
Herbert Witschnig.(c) Katharina F.-Roßboth
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Humanitäres Engagement. Herbert Witschnig sammelt mit seinem Verein Herz bewegt Spenden, um Kindern in Entwicklungsländern Herzoperationen zu ermöglichen.

Wien. 3000 bis 4000 Kilometer radelt Herbert Witschnig durchschnittlich pro Jahr. Die täglichen Fahrten in sein Büro in Wien-Margareten nicht mitgerechnet. Mit durchschnittlich 24 Stundenkilometern ist er dabei unterwegs. Anders gerechnet: Die 310 Kilometer, die zwischen Passau und Wien liegen, absolvieren er und sein Rennrad in 14,5 Stunden.

Werte, von denen er vor zwölf Jahren weit entfernt war. „Ich habe ungesund gelebt“, erzählt er, „das alles hat sich auf mein Herz geschlagen.“ Schon bei der kleinsten Aufregung geriet es aus dem Takt. „Mehrmals musste ich ins Krankenhaus, wurde in Narkose versetzt und mit Elektroschocks behandelt“, erinnert er sich.

Letztlich wurde das Vorhofflimmern so stark, dass Witschnig operiert werden musste. „Der Eingriff war eine Zäsur für mich“, sagt er. „Seither ernähre ich mich gesünder und sitze wieder am Rad“, so der 59-Jährige. Um anderen ein ähnliches Schicksal zu ersparen, gründeten er und seine Frau Monika Sacher 2014 den Verein Herz bewegt. „Wir informieren über Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bieten Radtouren an, um sich fit zu halten, und sammeln Spenden, um Kindern in Entwicklungsländern, die mit einem Herzfehler geboren werden, Operationen zu ermöglichen“, sagt der Mitgründer von Greenpeace Österreich, der schon als 14-Jähriger Geld und Sachspenden sammelte, um in seinem Heimatbundesland Kärnten Skirennen und Fußballturniere abhalten zu können.

Weltweit betrachtet wird eines von hundert Kindern mit einem Herzfehler geboren. „In Österreich haben diese Babys sehr gute Chancen, wir haben Chirurgen und die Sozialversicherungen, doch in Ländern wie Indien, Guana, Mexiko, Uganda, der Dominikanischen Republik oder auf den Philippinen ist ein Herzfehler in 75 Prozent der Fälle ein Todesurteil“, so Witschnig. Im Vorjahr konnte sein Verein 39 Kindern einen Eingriff ermöglichen. „Wenn man beobachtet, wie das Loch im Herzen eines Kindes oder ein anderer Fehler dort, behoben werden, ist das sehr bewegend“, sagt Witschnig. Noch ergreifender sei nur, das Kind wenige Wochen später lachend und spielend zu sehen.

Damit dies noch öfter der Fall ist, hält der Verein seit 2015 jährlich die „Tour de Herz“ ab. „Damals waren wir 19 Personen und sind binnen einem Tag von Passau nach Wien geradelt“, sagt Witschnig. Jeder Fahrer bekam dafür eine Miniwebseite gebaut, deren Link er verschicken konnte, um darüber Spenden zu lukrieren. Ein Prinzip, an dem bis heute festgehalten wird: „2015 sammelten wir so 9000 Euro, 2019 waren es 112.000 Euro“, sagt Witschnig, selbst Vater einer Tochter. Mitgemacht hatten 200 Personen in neun Gruppen. „Es ist kein Rennen, sondern eine Gemeinschaftstour, der Stärkere hilft dem Schwächeren“, betont er.

„Heuer wollten wir die 200.000 Euro-Marke knacken, doch Covid kam uns dazwischen.“ Gesammelt wird trotzdem: „Wir sind im Home-Office mit Liveübertragung geradelt oder baten die Freiwilligen, ihre Fahrten zu tracken“, sagt Wirtschnig. Am 26. September wagt man sich erstmals wieder gemeinsam ins Freie: „In drei Gruppen auf drei Routen wollen wir Wien umrunden.“ (hell)

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