Informatik

Die künstliche Intelligenz denkt nicht quer

Anhand der Protokollanalyse mittels KI wurde deutlich, wer im Nationalrat miteinander spricht – und wer nicht. Anhand der Protokollanalyse mittels KI wurde deutlich, wer im Nationalrat miteinander spricht – und wer nicht.
Anhand der Protokollanalyse mittels KI wurde deutlich, wer im Nationalrat miteinander spricht – und wer nicht. Anhand der Protokollanalyse mittels KI wurde deutlich, wer im Nationalrat miteinander spricht – und wer nicht. APA/ROBERT JAEGER
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Gabriele Kotsis von der Uni Linz beschäftigt sich mit Telekooperation. In einem aktuellen Projekt untersuchte sie die Wortmeldungsprotokolle aus zwölf Jahren Nationalratsdebatten, um herauszufinden, wer mit wem (nicht) redet.

Im österreichischen Nationalrat wird jede Wortmeldung protokolliert. Normalerweise interessieren diese Aufzeichnungen Juristen, Politikwissenschaftler oder Historiker. Die Informatikerin Gabriele Kotsis hat sich mit ihrem Team die Protokolle der vergangenen zwölf Jahre unter einem ganz anderen Aspekt angesehen: Sie wollte mittels künstlicher Intelligenz (KI) sichtbar machen, welche Mandatare miteinander kommunizieren und welche nicht.

Kotsis saß bei den Alpbacher Technologiegesprächen einem Panel zu Chancen und Herausforderungen künstlicher Intelligenz vor. Sie leitet an der Johannes-Kepler-Universität Linz das Institut für Telekooperation und die Abteilung für kooperative Informationssysteme. Dort beschäftigt sie sich mit Software und Prognosemodellen, die Zusammenarbeit unterstützen.

„Früher ging es dabei primär um die Frage, wie kann man Rechner vernetzen“, sagt die Wissenschaftlerin: „Heute steht die Frage, wie kann ich Menschen vernetzen, im Mittelpunkt.“ Maschinen müssten kommunizieren, um Menschen zu unterstützen, bringt sie ihr Forschungsfeld auf den Punkt.

Sichtbare politische Netzwerke

Das Sichtbarmachen von Strukturen und Mustern ist ein erster Schritt dazu. Wie bei den Nationalratsprotokollen: Mittels eigens geschriebener Programme wurden die Daten aus den Gesprächsprotokollen ausgewertet und die Muster zwischen den Abgeordneten deutlich.
Die Vielredner wurden ebenso sichtbar wie die Schweigsamen. Und es wurde an den unterschiedlichen Kommunikationsmustern deutlich, welche Parteien in welchem Zeitraum miteinander in Koalition waren und wer auf der Oppositionsbank Platz genommen hatte.

Die mittels künstlicher Intelligenz generierten Grafiken zeigten, dass beispielsweise 2013 bis 2017 die Grünen mit ihren Standpunkten der rot-schwarzen Regierung näher standen als jene der Freiheitlichen. Aus den Protokollen der Jahre 2002 bis 2006 ergaben sich visualisiert zwei klare Cluster: ein schwarz-blauer und ein rot-grüner. Damals hatte es eine ÖVP-FPÖ-Koalition gegeben. Ziel war es, ein System zu etablieren, um mithilfe künstlicher Intelligenz Netzwerke im politischen Diskurs zu zeigen und politische Entscheidungsprozesse damit transparenter zu machen.

Aus großen Datenmengen mittels spezieller Programme und viel Rechnerleistung Muster zu erkennen, ist die Stärke der künstlichen Intelligenz. Dieses sogenannte Maschinenlernen benötigt riesige Mengen von Trainingsdaten, um sich selbst zu perfektionieren. Am Ende erkennt die Maschine – beispielsweise bei bildgebenden Verfahren – die Muster schneller und verlässlicher als das menschliche Auge.

Doch ein System müsse nicht nur intelligent sein, sondern brauche auch Empathie und Kreativität, um menschlichem Verhalten nahezukommen. Eine Maschine bleibt eine Maschine. „Das System kann das, was man schon weiß, gut erkennen und wiedergeben. Die Interpretation der Ergebnisse bleibt aber auf der Strecke. Die Fähigkeit zum Querdenken fehlt“, betont Kotsis. Und das solle der Mensch auch nicht so einfach aus der Hand geben, ist sie überzeugt: „Ich glaube nicht, dass wir Bereiche, wo wir als Menschen so stark sind, den Maschinen überlassen sollen.“ Künstliche Intelligenz sei breit auf dem Vormarsch und begegne uns in immer mehr Anwendungsgebieten. Aus Unmengen von Daten Muster zu erkennen, bewähre sich in der medizinischen Diagnostik bei der Beurteilung von Röntgen- oder Computertomografie-Aufnahmen oder bei der Wettervorhersage.

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