Gastkommentar

Zusammenhalt und Weitblick sind wichtige Erfolgsfaktoren

(C) Peroutka
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Das Jahr 2020 hat uns alle auf die Probe gestellt und uns mit der Covid-19-Krise die seit zumindest zwei Generationen unbekannte Situation einer Pandemie beschert.

Neben den tragischen sozialen und gesundheitlichen Folgen der Pandemie kämpfen wir auch mit den schweren wirtschaftlichen Verwerfungen. Doch gerade viele Familienunternehmen haben sich in der Covid-19-Krise überdurchschnittlich gut behaupten können – warum ist das so?

Gerade in Zeiten von Shutdowns, Grenzschließungen und der weitgehenden Einstellung des „normalen“ öffentlichen Lebens zeigt sich der Erfolgsfaktor Zusammenhalt für Familienunternehmen. Die Identifizierung mit „der Firma“ ist eine andere, wenn der Eigentümer nicht nur ein bekannter Markenname, sondern auch ein Mensch ist, den man täglich im Betrieb antrifft. Viele Familienunternehmen sind nicht in Zentralräumen tätig, sondern abseits urbaner Zentren und gerade dort sind sie ein stabiler und verlässlicher Arbeitgeber. Dieses Bekenntnis zur Region wurde während des Shutdowns unserer globalisierten Lieferketten belohnt. Durch besonderes Engagement ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte konnten viele Familienunternehmen ihre Tätigkeit aufrechterhalten oder wieder früher aufnehmen und teilweise auch mit innovativen Ideen auf die neue Situation reagieren. Diesen Zusammenhalt sollten sich die Familienunternehmen aus der Krise mitnehmen und mit ihren Mitarbeitern und Führungskräften weiterhin beherzt an neuen Lösungsmöglichkeiten, aber auch Arbeitsweisen arbeiten. Diejenigen, die jetzt agil reagiert haben, haben besonders große Chancen, noch besser aus der Krise herauszukommen. Mit Mitarbeiterentwicklung, Forschungsinitiativen und einem Digitalisierungsschub gelingt das und verstärkt den Zusammenhalt über die Krise hinaus. Gerade für die Themen Mitarbeiterentwicklung, Forschungsinitiativen (wozu auch die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen gerade im Hinblick auf die Digitalisierung zählt) und die Digitalisierung selbst ist oft ein zusätzlicher Input von außen, durch einen fachkundigen Begleiter eines solchen Prozesses, ein guter Impuls.


Krisenresilienz zeigt sich aber auch in weitblickendem Handeln. Nicht die kurzfristige Optimierung von Quartalszahlen, sondern die über Generationen gedachten Entwicklungsschritte von Familienunternehmen schaffen die Stabilität, auf die es jetzt so angekommen ist. Vieles konnte in der Krise durch den Zusammenhalt provisorisch gelöst werden. Diese Krise wird aber auch langfristig Folgen nach sich ziehen. Daher gilt es jetzt, mit Weitblick die langfristige Krisenresilienz des Familienunternehmens auf den Prüfstand zu stellen: Wie abhängig sind wir von internationalen Lieferketten? Wie kann ich meine Kunden auch im Fall einer weitgehenden Schließung von Geschäften erreichen? Ist mein Liquiditätspolster ausreichend, um noch weitere Krisen bewältigen zu können? Diese Fragen sollten sich Familienunternehmen mit Weitblick nun stellen und sowohl intern als auch mit externer Unterstützung analysieren und lösen. Nur wer weiterhin Zusammenhalt beweist und Weitblick bewahrt, wird die nächsten Krisen gut überdauern, um das Familienunternehmen in die Hände der nächsten Generation legen zu können.

Berndt Zinnöcker ist Partner und Geschäftsführer der BDO.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2020)

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